Wiederaufleben
des Ehegattenunterhalts
BGH Urteil
vom 13.07.2011 XII ZR 84/09
In dem vom
Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall ging es die Frage, ob eine Frau, die
in einer neuen Beziehung lebte und deshalb keinen Ehegattenunterhalt bekam,
nach Beendigung der Beziehung zu ihrem Freund, wieder Unterhaltsansprüche gegen
den Exmann haben kann.
Der Bundesgerichtshof
hat entschieden, dass der Ehegattenunterhalt bei Scheitern der neuen Beziehung
grundsätzlich wieder aufleben kann.
Das Ende der
neuen Beziehung bedeutet weder, dass der Ehegattenunterhaltsanspruch automatisch
wieder auflebt noch dass er völlig ausgeschlossen ist. Erforderlich ist vielmehr nach dem
Bundesgerichtshof eine neue umfassende
Prüfung, „ob die aus einer wiederauflebenden Unterhaltspflicht
erwachsenen Belastungen für den Unterhaltspflichtigen weiterhin die Unzumutsbarkeitsgrenze
überschreiten“.
In diese Billigkeits-Prüfung sind alle Umstände einzubeziehen,
die nacheheliche Solidarität ist von besonderer Bedeutung. In den Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte
Ehegatte während der Ehe seine Arbeit aufgegeben hat, um den Haushalt und die
Kinder zu betreuen, gewinnt auch die Ehedauer an Bedeutung. Auf der anderen
Seite ist zu berücksichtigen, wie lange die Beziehung zum Lebensgefährten
gedauert hat. Denn durch die Aufnahme der eheähnlichen Beziehung löst man sich
aus der ehelichen Solidarität und gibt zu erkennen, dass man sie nicht benötigt. Deshalb lebt ein
versagter Unterhalt regelmäßig nur im Interesse gemeinsamer Kinder als Betreuungsunterhalt
auf. Sind keine betreuungsbedürftigen Kinder da, ist zu prüfen, ob die
nacheheliche Solidarität es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den
Ehegattenunterhalt wieder aufleben zu lassen.
Vorwort von RA'in Dagmar Constantas-Saamen
Das Urteil
des BGH.
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES
VOLKES
URTEIL XII
ZR 84/09
Verkündet am: 13. Juli 2011
Küpferle, Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in
dem Rechtsstreit
Zweck der
gesetzlichen Neuregelung in § 1579 Nr. 2 BGB ist es, rein objektive Gegebenheiten
bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu
erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen.
Entscheidend ist deswegen darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte
frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich
damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt,
dass er diese nicht mehr benötigt. Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des
neuen Partners spielen hingegen keine Rolle.
b) Ein nach § 1579 Nr. 2 BGB beschränkter oder versagter nachehelicher
Unterhaltsanspruch kann grundsätzlich wiederaufleben, wobei es einer
umfassenden Zumutbarkeitsprüfung unter
Berücksichtigung aller Umstände bedarf. Bei Beendigung der verfestigten
Lebensgemeinschaft lebt ein versagter Unterhaltsanspruch regelmäßig im
Interesse gemeinsamer Kinder als Betreuungsunterhalt wieder auf. Für andere Unterhaltstatbestände gilt dies nur
dann, wenn trotz der für eine gewisse Zeit verfestigten neuen
Lebensgemeinschaft noch ein Maß an nachehelicher Solidarität geschuldet ist,
das im Ausnahmefall eine weitergehende nacheheliche Unterhaltspflicht
rechtfertigen kann.
BGH, Urteil
vom 13. Juli 2011 - XII ZR 84/09 - OLG Stuttgart AG Ludwigsburg- 2 -
Der XII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juli 2011 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,Dr. Günter und Dr.
Nedden-Boeger für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11.
Familiensenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16. April 2009 aufgehoben.
Die Sache
wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts
wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs zum nachehelichen
Unterhalt. Sie hatten im Oktober 1997 die Ehe geschlossen. Im Mai 1999 wurde
der gemeinsame Sohn geboren. Nach der Trennung der Parteien im Februar 2004
wurde die Ehe im September 2005 rechtskräftig geschieden. Im Juni 2006
schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, worin sich der Kläger
u.a. verpflichtete, an die Beklagte einen monatlichen nachehelichen Unterhalt
in Höhe von 700 € zu zahlen. Der Kläger,
der den Wegfall seiner Unterhaltspflicht begehrt, bezieht inzwischen höhere
Einkünfte, weil er zum Leiter des Qualitätsmanagements aufgestiegen ist und
seine Erwerbstätigkeit vorübergehend von wöchentlich 35 Stunden auf 40 Stunden
aufgestockt hatte. Er ist neben der Beklagten und dem gemeinsamen Sohn zwei
weiteren im März 1993 und November 1997 geborenen Kindern unterhaltspflichtig. Die
Beklagte ist ausgebildete Bauzeichnerin. Sie war seit der Geburt des gemeinsamen
Sohnes nur in geringfügigem Umfang erwerbstätig und widmete sich der Betreuung
des Sohnes und ihrer Tochter aus einer früheren Beziehung. Nach der Trennung
gab sie ihren Beruf auf. Von August 2006 bis August 2007 ließ sie sich zur
Feng-Shui-Beraterin ausbilden. Als solche ist sie seit Januar 2008 selbständig.
Jedenfalls seit dem Frühjahr 2004 bis November 2008 unterhielt sie eine auf
Dauer angelegte Partnerschaft mit dem Zeugen K.
Das
Amtsgericht hat der Abänderungsklage stattgegeben und der Beklagten für die
Zeit ab Januar 2008 wegen ihrer
verfestigten Lebensgemeinschaft weiteren Unterhalt versagt. Auf die Berufung der Beklagten hat
das Oberlandesgericht die Entscheidung abgeändert und den Wegfall des
Unterhaltsanspruches auf die Zeit von April bis November 2008 begrenzt. Für die
Zeit ab Dezember 2008 hat es den Unterhalt herabgesetzt und zwar auf 359 € für Dezember
2008 und auf monatlich 484 € für die Zeit ab Januar 2009. Zur Frage des "Wiederauflebens
des Unterhaltsanspruches nach Beendigung der nichtehelichen
Lebensgemeinschaft" hat das Oberlandesgericht die Revision zugelassen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der er einen
Wegfall seiner Unterhaltspflicht
auch für die Zeit ab Dezember
2008 begehrt.
Entscheidungsgründe:
Für das
Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009
geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt
eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB
179/10 - FamRZ 2011, 100). Die Revision
hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
Das
Oberlandesgericht hat für die hier noch relevante Zeit ab Dezember 2008 einen
Wegfall des Anspruchs der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt abgelehnt und
ihren Unterhaltsanspruch lediglich zur Höhe reduziert. Dem Unterhaltsvergleich
liege ein Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 2.359,34 € zugrunde, während
sich für 2007 ein durchschnittliches Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von
3.320,08 € errechne, von dem auszugehen sei. Zwar wolle das Unterhaltsrecht den
geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als er während der Ehe gestanden
habe. Die Umstände, aus denen sich eine unerwartete berufliche Entwicklung nach
der Trennung, zum Beispiel ein Karrieresprung, ergebe, seien aber von
demjenigen darzulegen und zu beweisen, der sich darauf berufe. Weil der Kläger
dazu nichts vorgetragen habe, könne nicht festgestellt werden, ob die
nacheheliche Beförderung einen Karrieresprung darstelle oder ob und in welchem
Umfang diese Entwicklung bereits während der Ehe angelegt gewesen sei. Die
Ausweitung der Erwerbstätigkeit von monatlich 35 auf 40 Stunden, also um knapp
15 %, liege noch innerhalb des zu erwartenden Bereichs für eine verantwortliche
Position. Auch wenn der Kläger die Mehrarbeit jederzeit einstellen dürfe, sei
sein tatsächlich erzieltes Einkommen in voller Höhe als unterhaltsrelevant
anzusehen. Der Vortrag des Klägers in der Berufungsverhandlung, wonach der
Arbeitgeber die Mehrarbeitsvereinbarung inzwischen gekündigt habe, sei
streitig. Mangels vorliegender Einkommensabrechnungen könne noch nicht
festgestellt werden, inwieweit sich das Durchschnittseinkommen dadurch
vermindere.
Der Kläger sei insoweit auf ein Abänderungsverfahren verwiesen. Neben
dem Einkommen könne der Kläger eine Steuerrückerstattung in Höhe von
monatlich 300 € erwarten und müsse sich, wie bei Vergleichsschluss, einen
Vorteil mietfreien Wohnens in Höhe von 200 € anrechnen lassen. Beiträge zur
freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung seien weiterhin abzuziehen. Zusätzliche Beiträge für eine Direktversicherung
und einen Rentenfonds seien hingegen nicht absetzbar, weil sie bereits bei
Vergleichsschluss gezahlt, seinerzeit aber nicht berücksichtigt worden seien.
Im Übrigen sei die vom Bundesgerichtshof für eine zusätzliche Altersvorsorge
festgelegte Höchstgrenze von 4 % durch die Tilgung der Wohnhausfinanzierung
aufgebraucht. Auch weitere Kreditkosten seien nicht absetzbar, weil sie nicht
bei Abschluss des Unterhaltsvergleichs berücksichtigt worden seien bzw. einen
Kredit beträfen, der eine finanzielle Erstattung an die Beklagte im Gegenzug
gegen die Rückübertragung von Wohneigentum betreffe.
Als Kindesunterhalt sei
vom Einkommen des Klägers neben dem Zahlbetrag auch das hälftige Kindergeld
abzusetzen. Der Beklagten sei für die
Zeit ab April 2008 ein Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit als Bauzeichnerin
zuzurechnen. Im Hinblick auf die Neuregelung des Betreuungsunterhalts und die
Möglichkeit einer Ganztagsbetreuung des
gemeinsamen Sohnes in einer Kindertagesstätte sei der Beklagten nach einer
dreimonatigen Übergangsfrist eine
vollschichtige Erwerbstätigkeit zumutbar. Auf der Grundlage ihrer
Berufsausbildung und der Berufspraxis als Bauzeichnerin sei eine Bewerbung in
diesem Beruf nicht von vornherein aussichtslos. Weil sie sich nicht ausreichend
um eine solche Stelle bemüht habe, sei ihr ein entsprechendes Einkommen fiktiv
zuzurechnen. Zinseinkünfte aus der Zuwendung ihrer Mutter in Höhe von 120.000 €
seien der Beklagten nicht zuzurechnen, weil diese auch im Rahmen des abzuändernden
Vergleichs keine Berücksichtigung gefunden hätten. Abzusetzen seien allerdings
Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung, die
Berufshaftpflichtversicherung und - für die
Zeit ab 2008 - fiktive Kosten für eine Ganztagsbetreuung des gemeinsamen Kindes.
Daraus ergebe sich nach Abzug des jeweiligen Erwerbstätigenbonus für Dezember
2008 ein unterhaltsrelevantes Einkommen des Klägers in Höhe von 1.832,76 €, ein unterhaltsrelevantes Einkommen
der Beklagten in Höhe von 1.115,01 € und somit ein rechnerischer
Unterhaltsanspruch der Beklagten in Höhe von rund 359 €. Ab Januar 2009 ergebe
sich ein monatliches unterhaltsrelevantes Einkommen des Klägers in Höhe von
2.080,26 €, ein solches der Beklagten in Höhe von 1.113,27 € und ein
rechnerischer Unterhaltsanspruch in Höhe von rund 484 € monatlich. Der
Unterhaltsanspruch der Beklagten sei für die Zeit von Januar bis November 2008
zum überwiegenden Teil verwirkt. Die Beklagte habe im Frühjahr 2004 eine auf
Dauer angelegte Partnerschaft mit dem Zeugen K. aufgenommen. Unter
Berücksichtigung einer Ehedauer von unter acht Jahren und der wirtschaftlichen
Verhältnisse der Parteien erscheine eine weitere Belastung des Klägers mit
nachehelichem Unterhalt ab dem Jahre 2008 im Rahmen einer Gesamtschau unzumutbar.
Bei der vorzunehmenden Billigkeitsprüfung seien jedoch vorrangig die Belange
des gemeinsamen Kindes zu berücksichtigen, das davor bewahrt werden solle,
infolge der Verwirkung von Unterhaltsansprüchen des betreuenden Elternteils in
eine soziale Notlage zu geraten. Für die Zeit von Januar bis März 2008 sei die
Beklagte nicht in der Lage, aus ihrer Tätigkeit als Feng-Shui-Beraterin ihren
notwendigen Bedarf zu decken, so dass der Kläger trotz der Verwirkung zur
Deckung des Fehlbedarfs in Höhe von rund 278 € verpflichtet sei. Die Beziehung
der Beklagten zum Zeugen K. sei allerdings seit November 2008 endgültig
beendet. Ende eine verfestigte
Lebensgemeinschaft, sei in einer weiteren umfassenden Abwägung aller Umstände
zu überprüfen, inwieweit für den Unterhaltsschuldner durch ein Wiederaufleben
der Unterhaltspflicht die Grenze des Zumutbaren überschritten werde. Dabei
komme es neben den wirtschaftlichen Verhältnissen auf die Dauer der Ehe und die
Dauer der objektiven Unzumutbarkeit an.
Vorliegend sei von einer Ehedauer von
unter acht Jahren auszugehen. Dem stehe eine objektive Unzumutbarkeit ab Anfang
des Jahres 2008 bis zur Beendigung der Beziehung im November 2008 entgegen. Auf
einen endgültigen Wegfall seiner Unterhaltspflicht habe der Kläger nicht
vertrauen dürfen und er habe auch nicht dargetan, im Vertrauen darauf
wirtschaftliche Dispositionen getroffen zu haben. Die Neufassung des § 1586 a
Abs. 1 BGB, nach der ein geschiedener Ehegatte, der eine weitere Ehe
eingegangen sei, nach Auflösung dieser Ehe von seinem früheren Ehegatten nur
Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, nicht jedoch Anschlussunterhalt nach
anderen Unterhaltstatbeständen verlangen könne, führe zu keiner anderen
Beurteilung. Denn die Wertung dieser Vorschrift könne auf den Fall einer
beendeten nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht übertragen werden. Mit der
Aufnahme und Fortführung einer Partnerschaft, die sich im Laufe der Zeit zu
einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verdichte, sei keine vergleichbare Aufgabe der nachehelichen
Solidarität verbunden. Der Schutz des Unterhaltspflichtigen sei hier durch die
Befristungsmöglichkeit nach § 1578 b Abs. 2 BGB gewährleistet.
Eine
zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB sei nicht ausdrücklich geltend
gemacht, jedoch anhand des Vortrags der Parteien von Amts wegen zu prüfen.
Konkrete Umstände, die für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs sprächen,
habe der Kläger jedoch nicht angeführt. Aus dem allgemeinen Vortrag der
Parteien ergebe sich, dass die Ehe weniger als acht Jahre gedauert habe,
während der die Beklagte ihren Beruf als Bauzeichnerin überwiegend in einer
Teilzeittätigkeit ausgeübt, im Übrigen den Haushalt geführt und die Tochter
sowie den gemeinsamen Sohn betreut habe. Eine vollzeitige Erwerbspflicht sei
der Beklagten erst mit der Neufassung des Unterhaltsrechts zum Januar 2008
erwachsen. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte als Bauzeichnerin
ein Nettoeinkommen von rund 1.380 €
erzielen könne, während der Kläger über ein Nettoeinkommen in Höhe von rund
3.320 € verfüge. Allerdings habe der Kläger erhebliche Zahlungsverpflichtungen
und schulde insgesamt drei Kindern Unterhalt. Nach dem allgemeinen Vortrag der
Parteien könne noch nicht davon
ausgegangen werden, dass eine zeitlich unbegrenzte Belastung des Klägers mit
einer Unterhaltsverpflichtung unbillig sei.
Entscheidend sei vielmehr,
inwieweit die Beklagte durch die Ehe berufliche Nachteile erlitten habe. Das
Vorliegen solcher Nachteile sei naheliegend, nachdem die Beklagte während der
Ehe auf eine Vollzeitstelle verzichtet habe, um den Haushalt zu versorgen und
sich neben der Betreuung ihrer Tochter um die Betreuung des gemeinsamen Sohnes
zu kümmern. Nach der Trennung habe sie die Ausübung ihres Berufes zugunsten der
Kinderbetreuung ganz aufgegeben. Berufliche Nachteile seien auch nicht deswegen
ausgeschlossen, weil die Beklagte eine Ausbildung zur Feng-Shui-Beraterin durchgeführt
habe. Nachdem der darlegungs- und beweispflichtige Kläger zum Fehlen oder zur
Begrenzung berufsbedingter Nachteile der Klägerin nichts vorgetragen habe,
könne in der notwendigen Gesamtschau keine Unbilligkeit einer zeitlich
unbefristeten Unterhaltsverpflichtung festgestellt werden.
Diese
Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in
allen Punkten stand.
1. Im
Gegensatz zur Rechtsauffassung der Revisionserwiderung ist die Zulassung der Revision nicht auf die
Problematik des § 1579 Nr. 2 BGB beschränkt, sondern umfasst auch die Frage der
Befristung nach § 1578 b BGB. Zwar kann das Berufungsgericht die Zulassung der
Revision wirksam auf Teile des Rechtsstreits begrenzen. Das setzt allerdings
voraus, dass es sich um einen hinreichend klar umrissenen abgrenzbaren Teil der
Entscheidung handelt (Senatsurteile vom 4. Mai 2011 - XII ZR 70/09 - FamRZ
2011, 1041 Rn. 10 und vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485,
486). Eine solche wirksame Begrenzung
liegt hier in der Zulassung der Revision auf Unterhaltsansprüche ab dem 1.
Dezember 2008. Eine Beschränkung auf einzelne Rechtsfragen innerhalb dieses
Streitgegenstandes, etwa die Anwendbarkeit des
§ 1579 Nr. 2
BGB, ist hingegen nicht zulässig (BGH Beschluss vom 10. Februar 2011 - VII ZR
71/10 - NJW 2011, 1228 Rn. 11 mwN).
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Klage
allerdings als Abänderungsklage behandelt, obwohl das Amtsgericht entsprechend
dem Antrag des Klägers lediglich festgestellt hat, dass er in Abänderung des
gemeinsamen Vergleichs ab Januar 2008 keinen nachehelichen Unterhalt an die
Beklagte mehr schuldet. Eine bloße Feststellung des Wegfalls der
Unterhaltspflicht wäre wegen des vorliegenden
gerichtlichen Vergleichs schon deswegen unzulässig, weil dann der
abweichende vollstreckbare Titel fortbestehen würde. Das Begehren des Klägers
richtet sich vielmehr darauf, den gerichtlichen Vergleich als Vollstreckungstitel
aufzuheben. Weil der Titel nur im Rahmen
einer Abänderungsklage geändert werden kann, hat das Oberlandesgericht den Antrag des Klägers zutreffend als
Abänderungsantrag im Sinne des § 323 ZPO aF gewertet.
3. Im
Ergebnis zutreffend hat das Oberlandesgericht
die Änderung der Einkommensverhältnisse der Parteien seit Abschluss des Vergleichs bei der Abänderung
des Unterhaltsvergleichs berücksichtigt.
a) Der
gerichtliche Unterhaltsvergleich entfaltet als Vollstreckungstitel im Sinne des
§ 323 Abs. 4 ZPO aF (vgl. jetzt § 323 a ZPO und § 239 FamFG) keine materielle
Rechtskraft. Er unterliegt deswegen auch nicht den Beschränkungen des § 323
Abs. 2 und 3 ZPO (vgl. jetzt § 238 Abs. 2 und 3 FamFG), die auf der Rechtskraft
eines abzuändernden Unterhaltstitels beruhen. Der Umfang der Abänderung einer
Vereinbarung oder einer Urkunde im Sinne des § 323 Abs. 4 ZPO aF richtet sich
vielmehr allein nach materiellem Recht (vgl. jetzt § 323 a Abs. 2 ZPO und § 239
Abs. 2 FamFG). Auch danach sind Unterhaltsvereinbarungen allerdings nicht frei
abänderbar; im Rahmen der Abänderung ist vielmehr stets der Inhalt der
Vereinbarung der Parteien zu wahren. Eine Abänderung kommt nur dann nach § 313
BGB in Betracht, wenn sie wegen nachträglicher Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse, des
anwendbaren Rechts oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung nach den Grundsätzen über den Wegfall oder
die Änderung der Geschäftsgrundlage geboten ist (Senatsurteil vom 4. Mai 2011 -
XII ZR 70/09 - FamRZ 2011, 1041 Rn. 23 mwN).
b)
Zutreffend hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass das Einkommen des
Klägers seit Abschluss des gerichtlichen Vergleichs jedenfalls nicht gesunken
ist. Der Kläger erzielt seit seiner
Beförderung zum Leiter des Qualitätsmanagements sogar höhere Einkünfte als im
Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Für die
Zulässigkeit seiner Abänderungsklage kommt es deswegen nicht darauf an, ob die
Beförderung auf eine außerordentliche nacheheliche Entwicklung
zurückzuführen ist und deswegen
bei der Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578
Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht zu berücksichtigen wäre. Im Rahmen der aus anderen
Gründen zulässigen Abänderungsklage hat das Oberlandesgericht auf der Grundlage
des Vortrags der Parteien einen
Karrieresprung nicht feststellen können. Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.
Auch die Revision greift dies nicht an. Der Umfang der Erwerbstätigkeit des
Klägers übersteigt auch bei einer
wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden nicht das im Berufsleben übliche Maß
und ist deswegen entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht
überobligatorisch. Allerdings hat das Oberlandesgericht nicht hinreichend
beachtet, dass der Kläger vorgetragen hat, aus nicht von ihm zu vertretenden
Gründen monatlich nur noch 35 Stunden zu arbeiten. Änderungen der
Einkommensverhältnisse der Parteien sind grundsätzlich schon in einem Ausgangsverfahren zu berücksichtigen und - im Gegensatz zur Rechtsauffassung des
Berufungsgerichts - nicht einem Abänderungsverfahren vorzubehalten (vgl.
Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1
Rn. 24 ff.). Auch eine erst im Verlauf des Berufungsverfahrens eingetretene Reduzierung
der Arbeitszeit wäre deswegen noch zu beachten (§§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2
Nr. 3 ZPO) und vom Oberlandesgericht
nach weiterer Aufklärung etwa im Wege des prozessualen
Auskunftsrechts gemäß § 643 ZPO (vgl.
jetzt §§ 235 f. FamFG) in die
Unterhaltsbemessung einzubeziehen. Soweit das Oberlandesgericht vom Einkommen
des Klägers neben den Zahlbeträgen auf den Kindesunterhalt zusätzlich das
hälftige Kindergeld abgesetzt hat, entspricht dies ebenfalls
nicht der nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Rechtsprechung des
Senats. Danach kann bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts vom unterhaltsrelevanten Einkommen sowohl im
Rahmen der Bedarfsbemessung (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 -
FamRZ 2009, 1300 Rn. 45 ff.) als auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit
(Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - XII ZR 161/08 - FamRZ 2009, 1477 Rn. 21 ff.)
nur der Zahlbetrag auf den Kindesunterhalt abgesetzt werden. Auch dies wird das
Berufungsgericht zu berücksichtigen haben.
c)
Keine rechtlichen Bedenken bestehen hingegen gegen die
Zurechnung eines fiktiven Einkommens auf Seiten der Beklagten. Für die hier
noch relevante Zeit ab Dezember 2008 ist das Oberlandesgericht zutreffend von
der Neuregelung des Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB ausgegangen. Danach schuldet der Unterhaltspflichtige dem
betreuenden Elternteil nachehelich einen Basisunterhalt bis zur Vollendung des
dritten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes, der nur aus individuellen kind-
oder elternbezogenen Gründen verlängert werden kann. Der gemeinsame Sohn war zu
diesem Zeitpunkt bereits über neuneinhalb Jahre alt. Entgegen der
Rechtsauffassung der Revisionserwiderung stand nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts für ihn in erreichbarer Nähe
die Möglichkeit einer Ganztagsbetreuung in einer Kindertagessstätte zur
Verfügung. Wenn das Oberlandesgericht im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung
der sportlichen und musikalischen Aktivitäten des gemeinsamen Sohnes eine
vollschichtige Erwerbstätigkeit der Beklagten für zumutbar erachtet hat, ist
dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Denn weitere individuelle
Umstände, die einer solchen Erwerbstätigkeit entgegenstehen könnten, hat die
Beklagte nicht vorgetragen. Auch gegen die Bemessung des von der Beklagten
erzielbaren Einkommens bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Die Revision greift
dies ebenfalls nicht an.
4. Soweit das Berufungsgericht der Beklagten für die hier noch relevante Zeit
ab Dezember 2008 den vollen rechnerisch ermittelten Aufstockungsunterhalt
zugesprochen und eine weitere Begrenzung nach § 1579 Nr. 2 BGB abgelehnt hat,
hält dies den Angriffen der Revision nicht stand.
a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht
allerdings davon ausgegangen, dass der Unterhaltsanspruch der Beklagten wegen ihrer verfestigten Lebensgemeinschaft
in der Zeit von Januar bis November 2008 überwiegend entfallen war. Dies hält
auch den Gegenrügen der Beklagten stand. Schon nach ständiger Rechtsprechung des Senats zum früheren Recht konnte ein länger
dauerndes Verhältnis des Unterhaltsberechtigten zu einem anderen Partner zur
Annahme eines Härtegrundes im Rahmen des § 1579 Nr. 7 BGB aF - mit der Folge der Unzumutbarkeit einer
weiteren uneingeschränkten Unterhaltsbelastung für den Unterhaltspflichtigen -
führen, wenn sich die Beziehung in einem solchen Maße verfestigt hatte, dass
sie als eheähnliches Zusammenleben anzusehen und gleichsam an die Stelle einer
Ehe getreten war. Dabei setzte die Annahme einer verfestigten
Lebensgemeinschaft nicht zwingend voraus, dass die Partner räumlich
zusammenlebten und einen gemeinsamen Haushalt führten, auch wenn eine solche
Form des Zusammenlebens in der Regel als ein typisches Anzeichen hierfür
angesehen wurde. Unter welchen Umständen
- nach einer gewissen Dauer, die im Allgemeinen zwischen zwei und drei
Jahren lag - auf ein eheähnliches Zusammenleben geschlossen werden konnte, ließ
sich nicht allgemein verbindlich festlegen. Letztlich oblag es der
verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters, ob er den Tatbestand des eheähnlichen Zusammenlebens aus
tatsächlichen Gründen für gegeben erachtete oder nicht (Senatsurteile BGHZ 176,
150 = FamRZ 2008, 1414 Rn. 26; BGHZ 157,
395 = FamRZ 2004, 614, 616 und BGHZ 150, 209 = FamRZ 2002, 810, 811).
Mit der zum
1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neuregelung des § 1579 Nr. 2 BGB ist die
verfestigte Lebensgemeinschaft als eigenständiger Härtegrund in das Gesetz
übernommen worden. Auch damit wird kein vorwerfbares Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten
sanktioniert. Zweck der Vorschrift ist es vielmehr, rein objektive Gegebenheiten
bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte
Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Auch die gesetzliche
Neuregelung hat nicht festgelegt, ab wann
von einer verfestigten Lebensgemeinschaft
auszugehen ist, sondern ausdrücklich auf die hierzu ergangene
Rechtsprechung Bezug genommen. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft kann danach insbesondere
angenommen werden, wenn objektive, nach außen tretende Umstände wie etwa ein
über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das
Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen wie
der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims oder die Dauer der Verbindung den
Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nahelegen. Entscheidend ist
darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine
verfestigte neue Lebensgemeinschaft
eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst
und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt (BT-Drucks. 16/1830 S.
21; vgl. auch Senatsurteil vom 30. März 2011
- XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791 Rn. 39).
Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners spielen hingegen
keine Rolle. Die verfestigte Lebensgemeinschaft ist damit als Anwendungsfall der Unbilligkeit
nach § 1579 BGB zu begreifen und nicht als Fall der bloßen Bedarfsdeckung im
Sinne von § 1577 Abs. 1 BGB. Die Belange eines gemeinsamen Kindes sind allerdings
im Rahmen der Kinderschutzklausel im Einleitungssatz des § 1579 BGB zu
beachten. Auf dieser rechtlichen Grundlage ist die Annahme einer verfestigten
Lebensgemeinschaft durch das Oberlandesgericht
aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Zu Recht hat es
dabei auch auf das Erscheinungsbild der neuen Lebensgemeinschaft der Beklagten
in der Öffentlichkeit abgestellt. Dem Umstand, dass die Beklagte keinen
gemeinsamen Haushalt mit ihrem Lebensgefährten unterhielt, hat es dadurch
Rechnung getragen, dass es eine verfestigte Lebensgemeinschaft erst ab Januar
2008, also nach 3 ¾ Jahren seit Aufnahme der neuen Partnerschaft, angenommen
hat. Entgegen der Auffassung der
Revisionserwiderung liegt darin jedenfalls keine rechtswidrige Belastung der
Beklagten.
b) Das Wiedererstarken des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt für die Zeit ab
Dezember 2008 hat das Oberlandesgericht hingegen nicht rechtsfehlerfrei
begründet.
aa) Zutreffend ist allerdings der Ansatz des Oberlandesgerichts, wonach ein
nach § 1579 BGB beschränkter oder versagter Unterhaltsanspruch bei Wegfall des
Härtegrundes grundsätzlich wieder aufleben kann. Insoweit unterscheidet sich
die Vorschrift von der früheren Regelung in § 66 EheG, die eine Verwirkung des
Unterhaltsanspruchs vorsah. Ändern sich später die Gegebenheiten, die die
Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des früheren Ehegatten auf Unterhalt
begründet haben, bleiben diese Änderungen weder unberücksichtigt noch führen
sie ohne Weiteres zur Wiederherstellung der unterhaltsrechtlichen Lage, die vor
dem Eintritt der die Unzumutbarkeit begründenden Umstände bestanden hat.
Erforderlich ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats vielmehr eine neue
umfassende Prüfung, ob die aus einer wiederauflebenden Unterhaltspflicht
erwachsenden Belastungen für den Unterhaltspflichtigen weiterhin die
Zumutbarkeitsgrenze überschreiten (Senatsurteile vom 6. Mai 1987 - IV b ZR
61/86 - FamRZ 1987, 689, 690 und vom 25. September 1985 - IV b ZR 49/84 - FamRZ
1986, 443, 444). In diese Prüfung sind
grundsätzlich alle Umstände einzubeziehen, die die gebotene
Billigkeitsabwägung beeinflussen können. Erhebliche Bedeutung kommt dabei
zunächst dem Maß der nachehelichen Solidarität zu. Insbesondere in Fällen, in
denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte während der Ehezeit seine Erwerbstätigkeit aufgegeben hatte, um
den gemeinsamen Haushalt zu führen oder die gemeinsamen Kinder zu betreuen, gewinnt auch die Ehedauer an Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 6.
Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ
2010, 1971 Rn. 21 und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637
Rn. 48). Auf der anderen Seite ist
auch zu berücksichtigen, wie
lange die Verhältnisse gedauert haben, die eine Unterhaltsgewährung als
objektiv unzumutbar erscheinen ließen (OLG Celle FamRZ 2008, 1627 Rn. 42).
Entsprechend wird in der Literatur einhellig die Auffassung vertreten, dass ein
nach § 1579 Nr. 2 BGB beschränkter oder versagter nachehelicher
Unterhaltsanspruch grundsätzlich wiedererstarken kann, wobei es einer
umfassenden Zumutbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung aller Umstände bedarf
(Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. Rn. 1384; Scholz/Kleffmann/Motzer Praxishandbuch Familienrecht Stand:
März 2011 Teil H Rn. 280; Johannsen/Henrich/Büttner Familienrecht 5. Aufl. §
1579 BGB Rn. 68 ff.; Hoppenz/Hülsmann Familiensachen 9. Aufl. § 1579 BGB Rn. 54
ff.; Borth Praxis des Unterhaltsrechts 2. Aufl. Rn. 414 und 476; Luthin/Koch
Handbuch des Unterhaltsrechts 11. Aufl. Rn. 2244; Büttner/Niepmann/Schwamb Die
Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 11. Aufl. Rn. 1190;
Ehinger/Griesche/Rasch Handbuch Unterhaltsrecht 6. Aufl. Rn. 535 d;
Büte/Poppen/Menne Unterhaltsrecht 2. Aufl. § 1579 Rn. 50 und Weinreich/Klein Fachanwaltskommentar
Familienrecht 4. Aufl. § 1579 Rn. 166
f.).
bb) Im
Rahmen dieser notwendigen umfassenden Zumutbarkeitsprüfung sind auch solche
Umstände zu berücksichtigen,
die erst nach der Scheidung hinzugetreten
sind. Zum einen ist deswegen die Kinderschutzklausel zu beachten, die im
Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 57, 361
= FamRZ 1981, 745, 749 f.) durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 20.
Februar 1986 (BGBl. I S. 301) Eingang in den Einleitungssatz des § 1579 BGB
gefunden hat. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass sich der
Unterhaltsberechtigte durch die Aufnahme einer verfestigten neuenLebensgemeinschaft
aus der nachehelichen Solidarität der Ehegatten herausgelöst und zu erkennen
gegeben hatte, dass er diese nicht mehr benötigt (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S.
21). Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage nur unwesentlich von der
Regelung des § 1586 a Abs. 1 BGB, wonach bei Auflösung einer Zweitehe gegenüber
dem geschiedenen ersten Ehegatten lediglich der Betreuungsunterhalt
wieder auflebt. Denn eine neue Ehe des Unterhaltsberechtigten führt
stets zur endgültigen Auflösung der nachehelichen Solidarität, so dass
es für ein Wiederaufleben anderer Tatbestände an einer Legitimation fehlt, während ein Wiederaufleben des Betreuungsunterhalts
auf das schutzwürdige Interesse der gemeinsamen Kinder zurückzuführen ist (vgl.
BT-Drucks. 16/1830 S. 22). Das Oberlandesgericht weist zwar zutreffend darauf
hin, dass die Eingehung einer verfestigten Lebensgemeinschaft nicht notwendig
eine gleiche endgültige Wirkung beinhaltet wie die Eingehung einer neuen Ehe.
Auch der Vorschrift des § 1579 Nr. 2 BGB liegt allerdings die Überlegung
zugrunde, dass ein widersprüchliches Verhalten des Unterhaltsberechtigten
vorliegt, wenn er sich in eine neue verfestigte
Lebensgemeinschaft begibt, aber gleichzeitig die nacheheliche Solidarität aus
der geschiedenen Ehe einfordert. Nach diesen rechtlichen Maßstäben lebt auch
ein nach § 1579 Nr. 2 BGB versagter Unterhaltsanspruch regelmäßig nur im
Interesse gemeinsamer Kinder als
Betreuungsunterhalt wieder auf. Für andere Unterhaltstatbestände gilt dies nur
ausnahmsweise, wenn trotz der für eine gewisse Zeit verfestigten neuen
Lebensgemeinschaft noch ein Maß an nachehelicher Solidarität gefordert werden kann, das eine
fortdauernde nacheheliche
Unterhaltspflicht rechtfertigen kann (so im Ergebnis auch Wendl/Gerhardt
aaO Rn. 1384; Scholz/Kleffmann/Motzer/Kühner
aaO Rn. 280; Luthin/Koch aaO Rn. 2244).
cc) Diesen
Grundsätzen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
Der
Entscheidung des Oberlandesgerichts fehlt schon insoweit eine hinreichende
Begründung, als es der Beklagten trotz der relativ kurzen Ehedauer und der
zwischenzeitig verfestigten Lebensgemeinschaft der Beklagten für die Zeit ab
Dezember 2008 den rechnerisch ermittelten ungekürzten Aufstockungsunterhalt
zugesprochen hat. Hinzu kommt, dass es nicht alle relevanten Umstände rechtsfehlerfrei
gewürdigt hat. Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht für die Bemessung der
Ehedauer auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung und nicht, entsprechend
der Rechtsprechung des Senats, auf die Zustellung des Scheidungsantrags
abgestellt (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 36; vom
30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 30 und BGHZ 179, 43 = FamRZ
2009, 406 Rn. 35). Denn ab Zustellung des Scheidungsantrags konnte kein
weiteres Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe und insoweit auch keine weitere
nacheheliche Solidarität mehr entstehen. Der Ehedauer hat das Oberlandesgericht überdies lediglich eine Zeit der verfestigten Lebensgemeinschaft
von Januar bis November 2008 gegenübergestellt. Dabei hat es unberücksichtigt
gelassen, dass die Lebensgemeinschaft der Beklagten seit dem Frühjahr 2004
bestand und sich bereits im Laufe der ersten Jahre verfestigt hatte. Wenn das
Oberlandesgericht die Zeit bis zur endgültigen Verfestigung der
Lebensgemeinschaft unberücksichtigt lässt, muss es im Gegenzug aber auch
berücksichtigen, dass mit der Verfestigung der Lebensgemeinschaft ab Januar
2008 eine endgültige Aufgabe der nachehelichen Solidarität eingetreten war
(vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 21). Im Rahmen der Zumutbarkeitsabwägung hat das
Oberlandesgericht auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass sich die
tatsächlichen Lebensverhältnisse der Parteien nicht wesentlich unterscheiden.
Zwar hat das Oberlandesgericht für den
Kläger ein unterhaltsrelevantes
Einkommen errechnet, das sich nach Abzug
des Kindesunterhalts auf monatlich 2.080 € beläuft, während es der Beklagten
lediglich Einkünfte in Höhe von 1.113 € zugerechnet hat. Dabei hat es
allerdings erhebliche weitere Kreditverbindlichkeiten des Klägers unberücksichtigt
gelassen, weil diese zur Finanzierung seines Wohneigentums aufgebracht
werden und den Umfang der vom Senat akzeptierten zusätzlichen Altersvorsorge
übersteigen. Andererseits hat das Oberlandesgericht das der Beklagten von ihrer
Mutter zugewendete Vermögen in Höhe von 120.000 € und insbesondere auch die
daraus resultierenden Zinsen unberücksichtigt gelassen, weil die Parteien solche
Einkünfte auch bei Abschluss ihres Vergleichs nicht berücksichtigt hatten. Im
Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1579
BGB können diese Umstände allerdings nicht unberücksichtigt bleiben.
5. Die angefochtene Entscheidung kann deswegen keinen Bestand haben. Das
Oberlandesgericht wird im Rahmen des § 1579 Nr. 2 BGB eine erneute Unzumutbarkeitsabwägung
unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles durchzuführen und dabei insbesondere das Maß der nach
Beendigung einer verfestigten Lebensgemeinschaft regelmäßig nur noch sehr begrenzt zu erwartenden nachehelichen
Solidarität zu berücksichtigen haben.
6. Ergänzend
weist der Senat darauf hin, dass auch die Ausführungen des Berufungsgerichts
zur zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten nach § 1578 b
BGB nicht frei von Rechtsfehlern sind. Soweit das Oberlandesgericht im Rahmen
der Prüfung einer zeitlichen Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB
von einem fortbestehenden ehebedingten Nachteil der Beklagten ausgegangen ist,
widerspricht dies der Rechtsprechung des Senats. Die Beklagte ist ausgebildete
Bauzeichnerin und hatte in diesem Beruf zunächst vollschichtig und ab der Geburt
des gemeinsamen Sohnes im geringfügigen Umfang gearbeitet. Erst seit der
Trennung der Parteien im Februar 2004 bis zur Aufnahme ihrer Ausbildung zur Feng-Shui-Beraterin
im August 2006, also für zweieinhalb Jahre, war sie nicht erwerbstätig. Nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts wäre es ihr gleichwohl möglich, eine
Vollzeittätigkeit als Bauzeichnerin zu finden. Entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts sprechen die
zeitweilige Reduzierung des Umfangs der Erwerbstätigkeit und die zweieinhalbjährige
Erwerbslosigkeit nicht zwingend für noch vorhandene Einkommenseinbußen. Der Wechsel der Erwerbstätigkeit
mit Ausbildung zur Feng-Shui-Beraterin ist ohnehin nicht ehebedingt. Soweit die
Beklagte sich trotz der Obliegenheit zur Aufnahme einer vollschichtigen
Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf auf einen fortdauernden ehebedingten
Nachteil beruft, hätte sie dazu im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast substantiiert
vortragen müssen (Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ
2010, 2059 Rn. 32 ff. und BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 20 ff.). Erst ein
solcher substantiierter Vortrag versetzt den unterhaltspflichtigen
Kläger in die Lage, einen fortdauernden ehebedingten Nachteil zu akzeptieren oder
ebenso substantiiert zu bestreiten. Hinzu kommt, dass das Oberlandesgericht
trotz der sehr begrenzten nachehelichen Solidarität keine Herabsetzung des
nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB geprüft hat, obwohl die dafür
relevanten Umstände von den Parteien vorgetragen sind. Auch dies wird das Oberlandesgericht nachzuholen
haben, falls es im Rahmen des § 1579 Nr. 2 BGB
zu einer Fortdauer des nachehelichen Unterhalts gelangt.
Hahne Dose
Klinkhammer
Günter Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Ludwigsburg, Entscheidung vom 13.11.2008 - 1 F 335/08 -OLG Stuttgart,
Entscheidung vom 16.04.2009 - 11 UF 277/08 -