Donnerstag, 10. November 2011

Kuckuckskinder


Kuckuckskinder

Am 9 November 2011 hat der Bundesgerichtshof (XII ZR 136/ 09) entschieden, dass eine  Mutter dem Scheinvater den Namen des Mannes nennen muss, mit dem sie in der Empfängniszeit verkehrt hat. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte der Scheinvater seine Vaterschaft erfolgreich angefochten und wollte den biologischen Vater auf Erstattung des von ihm gezahlten Unterhalts verklagen.

Ihre Rechtsanwältin
Dagmar Constantas-Saamen

Pressemitteilung des BGH

Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses

Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass dem Scheinvater nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung und zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses ein Anspruch gegen die Mutter auf Auskunft über die Person zusteht, die ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt hat.
Die Parteien hatten bis zum Frühjahr 2006 für etwa zwei Jahre in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Im Frühsommer 2006 trennten sie sich endgültig. Am 18. Januar 2007 gebar die Beklagte einen Sohn. Nachdem sie den Kläger zuvor aufgefordert hatte, die Vaterschaft für "ihr gemeinsames Kind" anzuerkennen, erkannte dieser bereits vor der Geburt mit Zustimmung der Beklagten die Vaterschaft an. Er zahlte an die Beklagte insgesamt 4.575 € Kindes- und Betreuungsunterhalt.
In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu verschiedenen Rechtsstreitigkeiten. In einem Verfahren zur Regelung des Umgangsrechts wurde ein psychologisches Gutachten eingeholt, dessen Kosten der Kläger jedenfalls teilweise zahlen musste. In einem Rechtsstreit über Betreuungs- und Kindesunterhalt verständigten sich die Parteien auf Einholung eines Vaterschaftsgutachtens. Auf der Grundlage dieses Gutachtens stellte das Familiengericht im Anfechtungsverfahren fest, dass der Kläger nicht der Vater des 2007 geborenen Sohnes der Beklagten ist. Dementsprechend sind die Unterhaltsansprüche gegen den leiblichen Vater nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB in Höhe des geleisteten Unterhalts auf den Kläger übergegangen. Inzwischen erhält die Beklagte von dem mutmaßlichen leiblichen Vater des Kindes monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 202 €.
Dem Kläger ist der leibliche Vater des Kindes nicht bekannt. Er möchte in Höhe der geleisteten Zahlungen Regress bei diesem nehmen. Zu diesem Zweck hat er von der Beklagten Auskunft zur Person des leiblichen Vaters verlangt. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft verurteilt, wer ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt habe. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat auch die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte schuldet dem Kläger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Auskunft über die Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Ein solcher Anspruch setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass auf der Grundlage einer besonderen Rechtsbeziehung zwischen den Parteien der eine Teil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der andere Teil unschwer in der Lage ist, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Diese Voraussetzungen hat der Bundesgerichtshof als erfüllt angesehen. Dem Kläger ist nicht bekannt, gegen wen er seinen Anspruch auf Unterhaltsregress richten kann; die Beklagte kann ihm unschwer die Person benennen, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat und gegenwärtig sogar Kindesunterhalt leistet. Die erforderliche besondere Rechtsbeziehung zwischen den Auskunftsparteien ergibt sich aus dem auf Aufforderung und mit Zustimmung der Mutter abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnis.
Zwar berührt die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des Vaters ihres Kindes das Persönlichkeitsrecht der Mutter nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG, das auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasst und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehören. Dieser Schutz ist nach Art. 2 Abs. 1 GG aber seinerseits beschränkt durch die Rechte anderer. Ein unzulässiger Eingriff in den unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt nicht vor, weil die Auskunftspflichtige bereits durch ihr früheres Verhalten Tatsachen ihres geschlechtlichen Verkehrs während der Empfängniszeit offenbart hatte, die sich als falsch herausgestellt haben. Damit hatte sie zugleich erklärt, dass nur der Kläger als Vater ihres Kindes in Betracht kam und diesen somit zum Vaterschaftsanerkenntnis veranlasst. In einem solchen Fall wiegt ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig nicht stärker als der ebenfalls geschützte Anspruch des Mannes auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung.

Urteil vom 9. November 2011 - XII ZR 136/09
AG Rendsburg – 23 F 235/08 – Urteil vom 10. Dezember 2008
OLG Schleswig – 8 UF 16/09 – Urteil vom 23. Juni 2009 – FamRZ 2009, 1924
Karlsruhe, den 9. November 2011
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe

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Sonntag, 23. Oktober 2011

Wiederaufleben des Ehegattenunterhalts


Wiederaufleben des Ehegattenunterhalts

BGH Urteil vom 13.07.2011 XII ZR 84/09

In dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall ging es die Frage, ob eine Frau, die in einer neuen Beziehung lebte und deshalb keinen Ehegattenunterhalt bekam, nach Beendigung der Beziehung zu ihrem Freund, wieder Unterhaltsansprüche gegen den Exmann haben kann.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Ehegattenunterhalt bei Scheitern der neuen Beziehung grundsätzlich wieder aufleben kann.

Das Ende der neuen Beziehung bedeutet weder, dass der Ehegattenunterhaltsanspruch automatisch wieder auflebt noch dass er völlig ausgeschlossen ist.  Erforderlich ist vielmehr nach dem Bundesgerichtshof eine neue umfassende  Prüfung, „ob die aus einer wiederauflebenden Unterhaltspflicht erwachsenen Belastungen für den Unterhaltspflichtigen weiterhin die Unzumutsbarkeitsgrenze überschreiten“.

In diese Billigkeits-Prüfung sind alle Umstände einzubeziehen, die nacheheliche Solidarität ist von besonderer Bedeutung. In den  Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte während der Ehe seine Arbeit aufgegeben hat, um den Haushalt und die Kinder zu betreuen, gewinnt auch die Ehedauer an Bedeutung. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, wie lange die Beziehung zum Lebensgefährten gedauert hat. Denn durch die Aufnahme der eheähnlichen Beziehung löst man sich aus der ehelichen Solidarität und gibt zu erkennen,  dass man sie nicht benötigt. Deshalb lebt ein versagter Unterhalt regelmäßig nur im Interesse gemeinsamer Kinder als Betreuungsunterhalt auf. Sind keine betreuungsbedürftigen Kinder da, ist zu prüfen, ob die nacheheliche Solidarität es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ehegattenunterhalt wieder aufleben zu lassen.

Vorwort von RA'in Dagmar Constantas-Saamen

Das Urteil des BGH.
 BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL XII ZR 84/09
Verkündet am: 13. Juli 2011

Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin  der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Zweck der gesetzlichen Neuregelung in § 1579 Nr. 2 BGB ist es, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Entscheidend ist deswegen darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt. Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners spielen hingegen keine Rolle.

b) Ein nach § 1579 Nr. 2 BGB beschränkter oder versagter nachehelicher Unterhaltsanspruch kann grundsätzlich wiederaufleben, wobei es einer umfassenden  Zumutbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung aller Umstände bedarf. Bei Beendigung der verfestigten Lebensgemeinschaft lebt ein versagter Unterhaltsanspruch regelmäßig im Interesse gemeinsamer Kinder als Betreuungsunterhalt wieder auf.  Für andere Unterhaltstatbestände gilt dies nur dann, wenn trotz der für eine gewisse Zeit verfestigten neuen Lebensgemeinschaft noch ein Maß an nachehelicher Solidarität geschuldet ist, das im Ausnahmefall eine weitergehende nacheheliche Unterhaltspflicht rechtfertigen kann.

BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 84/09 - OLG Stuttgart AG Ludwigsburg- 2 -
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juli 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger für Recht erkannt:

Auf die  Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Familiensenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16. April 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen
Tatbestand:

Die Parteien streiten um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs zum nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Oktober 1997 die Ehe geschlossen. Im Mai 1999 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Nach der Trennung der Parteien im Februar 2004 wurde die Ehe im September 2005 rechtskräftig geschieden. Im Juni 2006 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, worin sich der Kläger u.a. verpflichtete, an die Beklagte einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 700 € zu zahlen.  Der Kläger, der den Wegfall seiner Unterhaltspflicht begehrt, bezieht inzwischen höhere Einkünfte, weil er zum Leiter des Qualitätsmanagements aufgestiegen ist und seine Erwerbstätigkeit vorübergehend von wöchentlich 35 Stunden auf 40 Stunden aufgestockt hatte. Er ist neben der Beklagten und dem gemeinsamen Sohn zwei weiteren im März 1993 und November 1997 geborenen Kindern unterhaltspflichtig. Die Beklagte ist ausgebildete Bauzeichnerin. Sie war seit der Geburt des gemeinsamen Sohnes nur in geringfügigem Umfang erwerbstätig und widmete sich der Betreuung des Sohnes und ihrer Tochter aus einer früheren Beziehung. Nach der Trennung gab sie ihren Beruf auf. Von August 2006 bis August 2007 ließ sie sich zur Feng-Shui-Beraterin ausbilden. Als solche ist sie seit Januar 2008 selbständig. Jedenfalls seit dem Frühjahr 2004 bis November 2008 unterhielt sie eine auf Dauer angelegte Partnerschaft mit dem Zeugen K.

Das Amtsgericht hat der Abänderungsklage stattgegeben und der Beklagten für die Zeit ab Januar 2008  wegen ihrer verfestigten Lebensgemeinschaft weiteren Unterhalt  versagt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Entscheidung abgeändert und den Wegfall des Unterhaltsanspruches auf die Zeit von April bis November 2008 begrenzt. Für die Zeit ab Dezember 2008 hat es den Unterhalt herabgesetzt und zwar auf 359 € für Dezember 2008 und auf monatlich 484 € für die Zeit ab Januar 2009. Zur Frage des "Wiederauflebens des Unterhaltsanspruches nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft" hat das Oberlandesgericht die Revision zugelassen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der er einen Wegfall seiner Unterhaltspflicht  auch  für die Zeit ab Dezember 2008 begehrt.

Entscheidungsgründe:
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 179/10 - FamRZ 2011, 100).  Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
Das Oberlandesgericht hat für die hier noch relevante Zeit ab Dezember 2008 einen Wegfall des Anspruchs der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt abgelehnt und ihren Unterhaltsanspruch lediglich zur Höhe reduziert. Dem Unterhaltsvergleich liege ein Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 2.359,34 € zugrunde, während sich für 2007 ein durchschnittliches Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 3.320,08 € errechne, von dem auszugehen sei. Zwar wolle das Unterhaltsrecht den geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als er während der Ehe gestanden habe. Die Umstände, aus denen sich eine unerwartete berufliche Entwicklung nach der Trennung, zum Beispiel ein Karrieresprung, ergebe, seien aber von demjenigen darzulegen und zu beweisen, der sich darauf berufe. Weil der Kläger dazu nichts vorgetragen habe, könne nicht festgestellt werden, ob die nacheheliche Beförderung einen Karrieresprung darstelle oder ob und in welchem Umfang diese Entwicklung bereits während der Ehe angelegt gewesen sei. Die Ausweitung der Erwerbstätigkeit von monatlich 35 auf 40 Stunden, also um knapp 15 %, liege noch innerhalb des zu erwartenden Bereichs für eine verantwortliche Position. Auch wenn der Kläger die Mehrarbeit jederzeit einstellen dürfe, sei sein tatsächlich erzieltes Einkommen in voller Höhe als unterhaltsrelevant anzusehen. Der Vortrag des Klägers in der Berufungsverhandlung, wonach der Arbeitgeber die Mehrarbeitsvereinbarung inzwischen gekündigt habe, sei streitig. Mangels vorliegender Einkommensabrechnungen könne noch nicht festgestellt werden, inwieweit sich das Durchschnittseinkommen dadurch vermindere. 

Der Kläger sei insoweit auf ein Abänderungsverfahren verwiesen. Neben dem Einkommen  könne der Kläger  eine Steuerrückerstattung in Höhe von monatlich 300 € erwarten und müsse sich, wie bei Vergleichsschluss, einen Vorteil mietfreien Wohnens in Höhe von 200 € anrechnen lassen. Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung seien weiterhin abzuziehen.  Zusätzliche Beiträge für eine Direktversicherung und einen Rentenfonds seien hingegen nicht absetzbar, weil sie bereits bei Vergleichsschluss gezahlt, seinerzeit aber nicht berücksichtigt worden seien. Im Übrigen sei die vom Bundesgerichtshof für eine zusätzliche Altersvorsorge festgelegte Höchstgrenze von 4 % durch die Tilgung der Wohnhausfinanzierung aufgebraucht. Auch weitere Kreditkosten seien nicht absetzbar, weil sie nicht bei Abschluss des Unterhaltsvergleichs berücksichtigt worden seien bzw. einen Kredit beträfen, der eine finanzielle Erstattung an die Beklagte im Gegenzug gegen die Rückübertragung von Wohneigentum betreffe. 

Als Kindesunterhalt sei vom Einkommen des Klägers neben dem Zahlbetrag auch das hälftige Kindergeld abzusetzen.  Der Beklagten sei für die Zeit ab April 2008 ein Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit als Bauzeichnerin zuzurechnen. Im Hinblick auf die Neuregelung des Betreuungsunterhalts und die Möglichkeit einer Ganztagsbetreuung  des gemeinsamen Sohnes in einer Kindertagesstätte sei der Beklagten nach einer dreimonatigen Übergangsfrist  eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zumutbar. Auf der Grundlage ihrer Berufsausbildung und der Berufspraxis als Bauzeichnerin sei eine Bewerbung in diesem Beruf nicht von vornherein aussichtslos. Weil sie sich nicht ausreichend um eine solche Stelle bemüht habe, sei ihr ein entsprechendes Einkommen fiktiv zuzurechnen. Zinseinkünfte aus der Zuwendung ihrer Mutter in Höhe von 120.000 € seien der Beklagten nicht zuzurechnen, weil diese auch im Rahmen des abzuändernden Vergleichs keine Berücksichtigung gefunden hätten. Abzusetzen seien allerdings Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung, die Berufshaftpflichtversicherung und  - für die Zeit ab 2008 - fiktive Kosten für eine Ganztagsbetreuung des gemeinsamen Kindes. Daraus ergebe sich nach Abzug des jeweiligen Erwerbstätigenbonus für Dezember 2008 ein unterhaltsrelevantes Einkommen des Klägers in Höhe von  1.832,76 €, ein unterhaltsrelevantes Einkommen der Beklagten in Höhe von 1.115,01 € und somit ein rechnerischer Unterhaltsanspruch der Beklagten in Höhe von rund 359 €. Ab Januar 2009 ergebe sich ein monatliches unterhaltsrelevantes Einkommen des Klägers in Höhe von 2.080,26 €, ein solches der Beklagten in Höhe von 1.113,27 € und ein rechnerischer Unterhaltsanspruch in Höhe von rund 484 € monatlich. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten sei für die Zeit von Januar bis November 2008 zum überwiegenden Teil verwirkt. Die Beklagte habe im Frühjahr 2004 eine auf Dauer angelegte Partnerschaft mit dem Zeugen K. aufgenommen. Unter Berücksichtigung einer Ehedauer von unter acht Jahren und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien erscheine eine weitere Belastung des Klägers mit nachehelichem Unterhalt ab dem Jahre 2008 im Rahmen einer Gesamtschau unzumutbar. Bei der vorzunehmenden Billigkeitsprüfung seien jedoch vorrangig die Belange des gemeinsamen Kindes zu berücksichtigen, das davor bewahrt werden solle, infolge der Verwirkung von Unterhaltsansprüchen des betreuenden Elternteils in eine soziale Notlage zu geraten. Für die Zeit von Januar bis März 2008 sei die Beklagte nicht in der Lage, aus ihrer Tätigkeit als Feng-Shui-Beraterin ihren notwendigen Bedarf zu decken, so dass der Kläger trotz der Verwirkung zur Deckung des Fehlbedarfs in Höhe von rund 278 € verpflichtet sei. Die Beziehung der Beklagten zum Zeugen K. sei allerdings seit November 2008 endgültig beendet. Ende  eine verfestigte Lebensgemeinschaft, sei in einer weiteren umfassenden Abwägung aller Umstände zu überprüfen, inwieweit für den Unterhaltsschuldner durch ein Wiederaufleben der Unterhaltspflicht die Grenze des Zumutbaren überschritten werde. Dabei komme es neben den wirtschaftlichen Verhältnissen auf die Dauer der Ehe und die Dauer der objektiven Unzumutbarkeit an.

Vorliegend sei von einer Ehedauer von unter acht Jahren auszugehen. Dem stehe eine objektive Unzumutbarkeit ab Anfang des Jahres 2008 bis zur Beendigung der Beziehung im November 2008 entgegen. Auf einen endgültigen Wegfall seiner Unterhaltspflicht habe der Kläger nicht vertrauen dürfen und er habe auch nicht dargetan, im Vertrauen darauf wirtschaftliche Dispositionen getroffen zu haben. Die Neufassung des § 1586 a Abs. 1 BGB, nach der ein geschiedener Ehegatte, der eine weitere Ehe eingegangen sei, nach Auflösung dieser Ehe von seinem früheren Ehegatten nur Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, nicht jedoch Anschlussunterhalt nach anderen Unterhaltstatbeständen verlangen könne, führe zu keiner anderen Beurteilung. Denn die Wertung dieser Vorschrift könne auf den Fall einer beendeten nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht übertragen werden. Mit der Aufnahme und Fortführung einer Partnerschaft, die sich im Laufe der Zeit zu einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verdichte, sei  keine vergleichbare Aufgabe der nachehelichen Solidarität verbunden. Der Schutz des Unterhaltspflichtigen sei hier durch die Befristungsmöglichkeit nach § 1578 b Abs. 2 BGB gewährleistet.

Eine zeitliche  Begrenzung des  Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b  Abs. 2 BGB sei nicht ausdrücklich geltend gemacht, jedoch anhand des Vortrags der Parteien von Amts wegen zu prüfen. Konkrete Umstände, die für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs sprächen, habe der Kläger jedoch nicht angeführt. Aus dem allgemeinen Vortrag der Parteien ergebe sich, dass die Ehe weniger als acht Jahre gedauert habe, während der die Beklagte ihren Beruf als Bauzeichnerin überwiegend in einer Teilzeittätigkeit ausgeübt, im Übrigen den Haushalt geführt und die Tochter sowie den gemeinsamen Sohn betreut habe. Eine vollzeitige Erwerbspflicht sei der Beklagten erst mit der Neufassung des Unterhaltsrechts zum Januar 2008 erwachsen. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte als Bauzeichnerin ein  Nettoeinkommen von rund 1.380 € erzielen könne, während der Kläger über ein Nettoeinkommen in Höhe von rund 3.320 € verfüge. Allerdings habe der Kläger erhebliche Zahlungsverpflichtungen und schulde insgesamt drei Kindern Unterhalt. Nach dem allgemeinen Vortrag der Parteien  könne noch nicht davon ausgegangen werden, dass eine zeitlich unbegrenzte Belastung des Klägers mit einer Unterhaltsverpflichtung unbillig sei.

Entscheidend sei vielmehr, inwieweit die Beklagte durch die Ehe berufliche Nachteile erlitten habe. Das Vorliegen solcher Nachteile sei naheliegend, nachdem die Beklagte während der Ehe auf eine Vollzeitstelle verzichtet habe, um den Haushalt zu versorgen und sich neben der Betreuung ihrer Tochter um die Betreuung des gemeinsamen Sohnes zu kümmern. Nach der Trennung habe sie die Ausübung ihres Berufes zugunsten der Kinderbetreuung ganz aufgegeben. Berufliche Nachteile seien auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte eine Ausbildung zur Feng-Shui-Beraterin durchgeführt habe. Nachdem der darlegungs- und beweispflichtige Kläger zum Fehlen oder zur Begrenzung berufsbedingter Nachteile der Klägerin nichts vorgetragen habe, könne in der notwendigen Gesamtschau keine Unbilligkeit einer zeitlich unbefristeten Unterhaltsverpflichtung festgestellt werden.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.

1. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Revisionserwiderung  ist die Zulassung der Revision nicht auf die Problematik des § 1579 Nr. 2 BGB beschränkt, sondern umfasst auch die Frage der Befristung nach § 1578 b BGB. Zwar kann das Berufungsgericht die Zulassung der Revision wirksam auf Teile des Rechtsstreits begrenzen. Das setzt allerdings voraus, dass es sich um einen hinreichend klar umrissenen abgrenzbaren Teil der Entscheidung handelt (Senatsurteile vom 4. Mai 2011 - XII ZR 70/09 - FamRZ 2011, 1041 Rn. 10 und vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Eine solche  wirksame Begrenzung liegt hier in der Zulassung der Revision auf Unterhaltsansprüche ab dem 1. Dezember 2008. Eine Beschränkung auf einzelne Rechtsfragen innerhalb dieses Streitgegenstandes, etwa die Anwendbarkeit des
§ 1579 Nr. 2 BGB, ist hingegen nicht zulässig (BGH Beschluss vom 10. Februar 2011 - VII ZR 71/10 - NJW 2011, 1228 Rn. 11 mwN).

2.  Zu Recht hat das Berufungsgericht die Klage allerdings als Abänderungsklage behandelt, obwohl das Amtsgericht entsprechend dem Antrag des Klägers  lediglich  festgestellt hat, dass er in Abänderung des gemeinsamen Vergleichs ab Januar 2008 keinen nachehelichen Unterhalt an die Beklagte mehr schuldet. Eine bloße Feststellung des Wegfalls der Unterhaltspflicht wäre wegen des vorliegenden  gerichtlichen Vergleichs schon deswegen unzulässig, weil dann der abweichende vollstreckbare Titel fortbestehen würde. Das Begehren des Klägers richtet sich vielmehr darauf, den gerichtlichen Vergleich als Vollstreckungstitel aufzuheben.  Weil der Titel nur im Rahmen einer Abänderungsklage geändert werden kann, hat das Oberlandesgericht  den Antrag des Klägers zutreffend als Abänderungsantrag im Sinne des § 323 ZPO aF gewertet.

3. Im Ergebnis zutreffend hat das Oberlandesgericht  die Änderung der Einkommensverhältnisse der Parteien  seit Abschluss des Vergleichs bei der Abänderung des Unterhaltsvergleichs berücksichtigt.

a) Der gerichtliche Unterhaltsvergleich entfaltet als Vollstreckungstitel im Sinne des § 323 Abs. 4 ZPO aF (vgl. jetzt § 323 a ZPO und § 239 FamFG) keine materielle Rechtskraft. Er unterliegt deswegen auch nicht den Beschränkungen des § 323 Abs. 2 und 3 ZPO (vgl. jetzt § 238 Abs. 2 und 3 FamFG), die auf der Rechtskraft eines abzuändernden Unterhaltstitels beruhen. Der Umfang der Abänderung einer Vereinbarung oder einer Urkunde im Sinne des § 323 Abs. 4 ZPO aF richtet sich vielmehr allein nach materiellem Recht (vgl. jetzt § 323 a Abs. 2 ZPO und § 239 Abs. 2 FamFG). Auch danach sind Unterhaltsvereinbarungen allerdings nicht frei abänderbar; im Rahmen der Abänderung ist vielmehr stets der Inhalt der Vereinbarung der Parteien zu wahren. Eine Abänderung kommt nur dann nach § 313 BGB in Betracht, wenn sie wegen nachträglicher Veränderungen  der tatsächlichen Verhältnisse, des anwendbaren Rechts oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung  nach den Grundsätzen über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage geboten ist (Senatsurteil vom 4. Mai 2011 - XII ZR 70/09 - FamRZ 2011, 1041 Rn. 23 mwN).

b) Zutreffend hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass das Einkommen des Klägers seit Abschluss des gerichtlichen Vergleichs jedenfalls nicht gesunken ist. Der Kläger erzielt  seit seiner Beförderung zum Leiter des Qualitätsmanagements sogar höhere Einkünfte als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses.  Für die Zulässigkeit seiner Abänderungsklage kommt es deswegen nicht darauf an, ob die Beförderung auf eine außerordentliche nacheheliche Entwicklung zurückzuführen  ist  und deswegen  bei der Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht zu berücksichtigen wäre. Im Rahmen der aus anderen Gründen zulässigen Abänderungsklage hat das Oberlandesgericht auf der Grundlage des Vortrags der Parteien  einen Karrieresprung nicht feststellen können. Dagegen  ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Auch die Revision greift dies nicht an. Der Umfang der Erwerbstätigkeit des Klägers übersteigt  auch bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden nicht das im Berufsleben übliche Maß und ist deswegen entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht überobligatorisch. Allerdings hat das Oberlandesgericht nicht hinreichend beachtet, dass der Kläger vorgetragen hat, aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen monatlich nur noch 35 Stunden zu arbeiten. Änderungen der Einkommensverhältnisse der Parteien sind grundsätzlich  schon in einem Ausgangsverfahren zu  berücksichtigen und  - im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - nicht einem Abänderungsverfahren vorzubehalten (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 24 ff.). Auch eine erst im Verlauf des Berufungsverfahrens eingetretene Reduzierung der Arbeitszeit wäre deswegen noch zu beachten (§§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO) und vom Oberlandesgericht  nach  weiterer Aufklärung  etwa im Wege des prozessualen Auskunftsrechts  gemäß § 643 ZPO (vgl. jetzt §§ 235 f. FamFG)  in die Unterhaltsbemessung einzubeziehen. Soweit das Oberlandesgericht vom Einkommen des Klägers neben den Zahlbeträgen auf den Kindesunterhalt zusätzlich das hälftige Kindergeld abgesetzt hat, entspricht dies  ebenfalls  nicht der nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Rechtsprechung des Senats. Danach kann bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts vom  unterhaltsrelevanten Einkommen sowohl im Rahmen der Bedarfsbemessung (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 45 ff.) als auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit (Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - XII ZR 161/08 - FamRZ 2009, 1477 Rn. 21 ff.) nur der Zahlbetrag auf den Kindesunterhalt abgesetzt werden. Auch dies wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben.

c) Keine  rechtlichen  Bedenken bestehen hingegen gegen die Zurechnung eines fiktiven Einkommens auf Seiten der Beklagten. Für die hier noch relevante Zeit ab Dezember 2008 ist das Oberlandesgericht zutreffend von der Neuregelung des Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB ausgegangen.  Danach schuldet der Unterhaltspflichtige dem betreuenden Elternteil nachehelich einen Basisunterhalt bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes, der nur aus individuellen kind- oder elternbezogenen Gründen verlängert werden kann. Der gemeinsame Sohn war zu diesem Zeitpunkt bereits über neuneinhalb Jahre alt. Entgegen der Rechtsauffassung der Revisionserwiderung stand nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für ihn in erreichbarer Nähe  die Möglichkeit einer Ganztagsbetreuung in einer Kindertagessstätte zur Verfügung. Wenn das Oberlandesgericht im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der sportlichen und musikalischen Aktivitäten des gemeinsamen Sohnes eine vollschichtige Erwerbstätigkeit der Beklagten für zumutbar erachtet hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Denn weitere individuelle Umstände, die einer solchen Erwerbstätigkeit entgegenstehen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Auch gegen die Bemessung des von der Beklagten erzielbaren Einkommens bestehen keine rechtlichen Bedenken. 

Die Revision greift dies ebenfalls nicht an.

4. Soweit das Berufungsgericht der Beklagten für die hier noch relevante Zeit ab Dezember 2008 den vollen rechnerisch ermittelten Aufstockungsunterhalt zugesprochen und eine weitere Begrenzung nach § 1579 Nr. 2 BGB abgelehnt hat, hält dies den Angriffen der Revision nicht stand.

a)  Zutreffend ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Unterhaltsanspruch der  Beklagten wegen ihrer verfestigten Lebensgemeinschaft in der Zeit von Januar bis November 2008 überwiegend entfallen war. Dies hält auch den Gegenrügen der Beklagten stand. Schon nach  ständiger Rechtsprechung des Senats  zum früheren Recht konnte ein länger dauerndes Verhältnis des Unterhaltsberechtigten zu einem anderen Partner zur Annahme eines Härtegrundes im Rahmen des § 1579 Nr. 7 BGB aF  - mit der Folge der Unzumutbarkeit einer weiteren uneingeschränkten Unterhaltsbelastung für den Unterhaltspflichtigen - führen, wenn sich die Beziehung in einem solchen Maße verfestigt hatte, dass sie als eheähnliches Zusammenleben anzusehen und gleichsam an die Stelle einer Ehe getreten war. Dabei setzte die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft nicht zwingend voraus, dass die Partner räumlich zusammenlebten und einen gemeinsamen Haushalt führten, auch wenn eine solche Form des Zusammenlebens in der Regel als ein typisches Anzeichen hierfür angesehen wurde. Unter welchen Umständen  - nach einer gewissen Dauer, die im Allgemeinen zwischen zwei und drei Jahren lag - auf ein eheähnliches Zusammenleben geschlossen werden konnte, ließ sich nicht allgemein verbindlich festlegen. Letztlich oblag es der verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters, ob er den Tatbestand  des eheähnlichen Zusammenlebens aus tatsächlichen Gründen für gegeben erachtete oder nicht (Senatsurteile BGHZ 176, 150 = FamRZ 2008, 1414  Rn. 26; BGHZ 157, 395 = FamRZ 2004, 614, 616 und BGHZ 150, 209 = FamRZ 2002, 810, 811).
Mit der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neuregelung des § 1579 Nr. 2 BGB ist die verfestigte Lebensgemeinschaft als eigenständiger Härtegrund in das Gesetz übernommen worden. Auch damit wird kein vorwerfbares  Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten sanktioniert. Zweck der Vorschrift ist es vielmehr, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu  erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Auch die gesetzliche Neuregelung hat nicht festgelegt, ab wann  von einer  verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen ist,  sondern  ausdrücklich auf die hierzu ergangene Rechtsprechung Bezug genommen. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft kann danach insbesondere angenommen werden, wenn objektive, nach außen tretende Umstände wie etwa ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen wie der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims oder die Dauer der Verbindung den Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nahelegen. Entscheidend ist darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte frühere  Ehegatte eine  verfestigte  neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt (BT-Drucks. 16/1830 S. 21; vgl. auch Senatsurteil vom 30. März 2011  - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791 Rn. 39).  Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners spielen hingegen keine Rolle. Die verfestigte Lebensgemeinschaft ist  damit als Anwendungsfall der Unbilligkeit nach § 1579 BGB zu begreifen und nicht als Fall der bloßen Bedarfsdeckung im Sinne von § 1577 Abs. 1 BGB. Die Belange eines gemeinsamen Kindes sind allerdings im Rahmen der Kinderschutzklausel im Einleitungssatz des § 1579 BGB zu beachten. Auf dieser rechtlichen Grundlage ist die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft durch das Oberlandesgericht  aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Zu Recht hat es dabei auch auf das Erscheinungsbild der neuen Lebensgemeinschaft der Beklagten in der Öffentlichkeit abgestellt. Dem Umstand, dass die Beklagte keinen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Lebensgefährten unterhielt, hat es dadurch Rechnung getragen, dass es eine verfestigte Lebensgemeinschaft erst ab Januar 2008, also nach 3 ¾ Jahren seit Aufnahme der neuen Partnerschaft, angenommen hat.  Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung liegt darin jedenfalls keine rechtswidrige Belastung der Beklagten.

b) Das Wiedererstarken des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt für die Zeit ab Dezember 2008 hat das Oberlandesgericht hingegen nicht rechtsfehlerfrei begründet.
aa) Zutreffend ist allerdings der Ansatz des Oberlandesgerichts, wonach ein nach § 1579 BGB beschränkter oder versagter Unterhaltsanspruch bei Wegfall des Härtegrundes grundsätzlich wieder aufleben kann. Insoweit unterscheidet sich die Vorschrift von der früheren Regelung in § 66 EheG, die eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs vorsah. Ändern sich später die Gegebenheiten, die die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des früheren Ehegatten auf Unterhalt begründet haben, bleiben diese Änderungen weder unberücksichtigt noch führen sie ohne Weiteres zur Wiederherstellung der unterhaltsrechtlichen Lage, die vor dem Eintritt der die Unzumutbarkeit begründenden Umstände bestanden hat. Erforderlich ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats vielmehr eine neue umfassende Prüfung, ob die aus einer wiederauflebenden Unterhaltspflicht erwachsenden Belastungen für den Unterhaltspflichtigen weiterhin die Zumutbarkeitsgrenze überschreiten (Senatsurteile vom 6. Mai 1987 - IV b ZR 61/86 - FamRZ 1987, 689, 690 und vom 25. September 1985 - IV b ZR 49/84 - FamRZ 1986, 443, 444). In diese Prüfung sind  grundsätzlich alle Umstände einzubeziehen, die die gebotene Billigkeitsabwägung beeinflussen können. Erhebliche Bedeutung kommt dabei zunächst dem Maß der nachehelichen Solidarität zu. Insbesondere in Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte während der Ehezeit  seine Erwerbstätigkeit aufgegeben hatte, um den gemeinsamen Haushalt zu führen oder die gemeinsamen Kinder zu betreuen,  gewinnt auch die Ehedauer  an Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2010  - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 21 und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 48). Auf der anderen Seite ist  auch  zu berücksichtigen, wie lange die Verhältnisse gedauert haben, die eine Unterhaltsgewährung als objektiv unzumutbar erscheinen ließen (OLG Celle FamRZ 2008, 1627 Rn. 42). Entsprechend wird in der Literatur einhellig die Auffassung vertreten, dass ein nach § 1579 Nr. 2 BGB beschränkter oder versagter nachehelicher Unterhaltsanspruch grundsätzlich wiedererstarken kann, wobei es einer umfassenden Zumutbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung aller Umstände bedarf (Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. Rn. 1384; Scholz/Kleffmann/Motzer Praxishandbuch Familienrecht Stand: März 2011 Teil H Rn. 280; Johannsen/Henrich/Büttner Familienrecht 5. Aufl. § 1579 BGB Rn. 68 ff.; Hoppenz/Hülsmann Familiensachen 9. Aufl. § 1579 BGB Rn. 54 ff.; Borth Praxis des Unterhaltsrechts 2. Aufl. Rn. 414 und 476; Luthin/Koch Handbuch des Unterhaltsrechts 11. Aufl. Rn. 2244; Büttner/Niepmann/Schwamb Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 11. Aufl. Rn. 1190; Ehinger/Griesche/Rasch Handbuch Unterhaltsrecht 6. Aufl. Rn. 535 d; Büte/Poppen/Menne Unterhaltsrecht 2. Aufl. § 1579 Rn. 50 und Weinreich/Klein Fachanwaltskommentar Familienrecht 4. Aufl. § 1579  Rn. 166 f.).

bb) Im Rahmen dieser notwendigen umfassenden Zumutbarkeitsprüfung sind  auch solche  Umstände zu berücksichtigen,  die  erst nach der Scheidung hinzugetreten sind. Zum einen ist deswegen die Kinderschutzklausel zu beachten, die im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 57, 361 = FamRZ 1981, 745, 749 f.) durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 (BGBl. I S. 301) Eingang in den Einleitungssatz des § 1579 BGB gefunden hat. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass sich der Unterhaltsberechtigte durch die Aufnahme einer verfestigten neuenLebensgemeinschaft aus der nachehelichen Solidarität der Ehegatten herausgelöst und zu erkennen gegeben hatte, dass er diese nicht mehr benötigt (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 21). Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage nur unwesentlich von der Regelung des § 1586 a Abs. 1 BGB, wonach bei Auflösung einer Zweitehe gegenüber dem geschiedenen  ersten  Ehegatten lediglich der Betreuungsunterhalt wieder auflebt. Denn eine neue Ehe des Unterhaltsberechtigten  führt  stets zur endgültigen Auflösung der nachehelichen Solidarität, so dass es für ein Wiederaufleben anderer Tatbestände an einer Legitimation fehlt, während  ein Wiederaufleben des Betreuungsunterhalts auf das schutzwürdige Interesse der gemeinsamen Kinder zurückzuführen ist (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 22). Das Oberlandesgericht weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Eingehung einer verfestigten Lebensgemeinschaft nicht notwendig eine gleiche endgültige Wirkung beinhaltet wie die Eingehung einer neuen Ehe. Auch der Vorschrift des § 1579 Nr. 2 BGB liegt allerdings die Überlegung zugrunde, dass ein widersprüchliches Verhalten des Unterhaltsberechtigten vorliegt,  wenn  er sich in eine neue verfestigte Lebensgemeinschaft begibt, aber gleichzeitig die nacheheliche Solidarität aus der geschiedenen Ehe einfordert. Nach diesen rechtlichen Maßstäben lebt  auch  ein nach § 1579 Nr. 2 BGB versagter Unterhaltsanspruch regelmäßig nur im Interesse gemeinsamer Kinder  als Betreuungsunterhalt wieder auf. Für andere Unterhaltstatbestände gilt dies nur ausnahmsweise, wenn trotz der für eine gewisse Zeit verfestigten neuen Lebensgemeinschaft noch ein Maß an nachehelicher Solidarität  gefordert werden kann, das eine fortdauernde  nacheheliche Unterhaltspflicht rechtfertigen kann (so im Ergebnis auch Wendl/Gerhardt aaO  Rn. 1384; Scholz/Kleffmann/Motzer/Kühner aaO Rn. 280; Luthin/Koch aaO Rn. 2244).

cc) Diesen Grundsätzen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
Der Entscheidung des Oberlandesgerichts fehlt schon insoweit eine hinreichende Begründung, als es der Beklagten trotz der relativ kurzen Ehedauer und der zwischenzeitig verfestigten Lebensgemeinschaft der Beklagten für die Zeit ab Dezember 2008 den rechnerisch ermittelten ungekürzten Aufstockungsunterhalt zugesprochen hat. Hinzu kommt, dass es nicht alle relevanten Umstände rechtsfehlerfrei gewürdigt hat. Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht für die Bemessung der Ehedauer auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung und nicht,  entsprechend  der Rechtsprechung des Senats, auf die Zustellung des Scheidungsantrags abgestellt (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 2010  - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 36; vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 30 und BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 35). Denn ab Zustellung des Scheidungsantrags konnte kein weiteres Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe und insoweit auch keine weitere nacheheliche Solidarität mehr entstehen. Der Ehedauer  hat das Oberlandesgericht  überdies lediglich  eine Zeit der verfestigten Lebensgemeinschaft von Januar bis November 2008 gegenübergestellt. Dabei hat es unberücksichtigt gelassen, dass die Lebensgemeinschaft der Beklagten seit dem Frühjahr 2004 bestand und sich bereits im Laufe der ersten Jahre verfestigt hatte. Wenn das Oberlandesgericht die Zeit bis zur endgültigen Verfestigung der Lebensgemeinschaft unberücksichtigt lässt, muss es im Gegenzug aber auch berücksichtigen, dass mit der Verfestigung der Lebensgemeinschaft ab Januar 2008 eine endgültige Aufgabe der nachehelichen Solidarität eingetreten war (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 21). Im Rahmen der Zumutbarkeitsabwägung hat das Oberlandesgericht auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass sich die tatsächlichen Lebensverhältnisse der Parteien nicht wesentlich unterscheiden. Zwar hat das Oberlandesgericht für den  Kläger  ein unterhaltsrelevantes Einkommen  errechnet, das sich nach Abzug des Kindesunterhalts auf monatlich 2.080 € beläuft, während es der Beklagten lediglich Einkünfte in Höhe von 1.113 € zugerechnet hat. Dabei hat es allerdings erhebliche weitere Kreditverbindlichkeiten des Klägers unberücksichtigt gelassen, weil diese zur Finanzierung seines Wohneigentums aufgebracht werden und den Umfang der vom Senat akzeptierten zusätzlichen Altersvorsorge übersteigen. Andererseits hat das Oberlandesgericht das der Beklagten von ihrer Mutter zugewendete Vermögen in Höhe von 120.000 € und insbesondere auch die daraus resultierenden Zinsen unberücksichtigt gelassen, weil die Parteien solche Einkünfte auch bei Abschluss ihres Vergleichs nicht berücksichtigt hatten. Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1579  BGB können diese Umstände allerdings nicht unberücksichtigt bleiben.

5. Die angefochtene Entscheidung kann deswegen keinen Bestand haben. Das Oberlandesgericht wird im Rahmen des § 1579 Nr. 2 BGB eine erneute Unzumutbarkeitsabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles durchzuführen  und dabei insbesondere das Maß der nach Beendigung einer verfestigten Lebensgemeinschaft regelmäßig nur noch sehr  begrenzt zu erwartenden nachehelichen Solidarität zu berücksichtigen haben.

6. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten nach § 1578 b BGB nicht frei von Rechtsfehlern sind. Soweit das Oberlandesgericht im Rahmen der Prüfung einer zeitlichen Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB von einem fortbestehenden ehebedingten Nachteil der Beklagten ausgegangen ist, widerspricht dies der Rechtsprechung des Senats. Die Beklagte ist ausgebildete Bauzeichnerin und hatte in diesem Beruf zunächst vollschichtig und ab der Geburt des gemeinsamen Sohnes im geringfügigen Umfang gearbeitet. Erst seit der Trennung der Parteien im Februar 2004 bis zur Aufnahme ihrer Ausbildung zur Feng-Shui-Beraterin im August 2006, also für zweieinhalb Jahre, war sie nicht erwerbstätig. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wäre es ihr gleichwohl möglich, eine Vollzeittätigkeit als Bauzeichnerin zu finden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts  sprechen die zeitweilige Reduzierung des Umfangs der Erwerbstätigkeit und die zweieinhalbjährige Erwerbslosigkeit nicht zwingend für noch vorhandene  Einkommenseinbußen. Der Wechsel der Erwerbstätigkeit mit Ausbildung zur Feng-Shui-Beraterin ist ohnehin nicht ehebedingt. Soweit die Beklagte sich  trotz  der Obliegenheit zur  Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf auf einen fortdauernden ehebedingten Nachteil beruft, hätte sie dazu im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast  substantiiert  vortragen müssen (Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 32 ff. und BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 20 ff.). Erst ein solcher  substantiierter  Vortrag versetzt den unterhaltspflichtigen Kläger in die Lage, einen fortdauernden ehebedingten Nachteil zu akzeptieren oder ebenso substantiiert zu bestreiten. Hinzu kommt, dass das Oberlandesgericht trotz der sehr begrenzten nachehelichen Solidarität keine Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB geprüft hat, obwohl die dafür relevanten Umstände von den Parteien vorgetragen sind.  Auch dies wird das Oberlandesgericht nachzuholen haben, falls es im Rahmen des § 1579 Nr. 2 BGB  zu einer Fortdauer des nachehelichen Unterhalts gelangt.

Hahne Dose Klinkhammer
Günter Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
AG Ludwigsburg, Entscheidung vom 13.11.2008 - 1 F 335/08 -OLG Stuttgart, Entscheidung vom 16.04.2009 - 11 UF 277/08 -

Sonntag, 16. Oktober 2011

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Ihre Rechtsanwältin Dagmar Constantas-Saamen




Samstag, 1. Oktober 2011

Urteil Zugang einer Kündigung - Ehegatte als Empfangsbote


Jobkündigung bei Übergabe des Schreibens an Ehemann ?

Fall:
Ein Arbeitgeber wollte einer Arbeitnehmerin kündigen. Statt das Kündigungsschreiben ihr selber zu übergeben oder mit der Post zu schicken, gab er es dem Ehemann außerhalb der Ehewohung. Dieser vergaß aber es weiterzuleiten. 
Streitig war zwischen dem Arbeitgeber und der Arbeitnehmerin, an welchem Tag die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zugegangen ist. Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, die Kündigung sei wirksam zugegangen mit Übergabe an den Ehemann. Die Arbeitnehmerin wollte auf den tatsächlichen Erhalt des Briefes, der die Kündigung enthielt, abstellen, also einen Tag später.
Das Bundesarbeitsgericht hat dem Arbeitgeber im Ergebnis Recht gegeben. Allerdings sei nicht auf den Zeitpunkt der Aushändigung des Briefes an den Ehemann abzustellen, sondern den Zeitpunkt, in dem damit gerechnet werden kann, dass dieser den Brief seiner Ehefrau gibt. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass ein Brief nach der Rückkehr in die Ehewohung am Abend übergeben wird. Aus diesem Grunde wurde  die Kündigung des Arbeitsverhältnisses an dem Tag wirksam, als der Arbeitgeber das Kündigungsschreiben dem Ehemann übergeben hat.

Quelle: www.fachanwaeltinnen-portal.net

Zum Urteil  BAG 9.6.2011 6 AZR 687/09
Bundesarbeitsgericht

Zugang einer Kündigung - Ehegatte als Empfangsbote

Leben Ehegatten in einer gemeinsamen Wohnung und sind sie deshalb nach der Verkehrsanschauung füreinander als Empfangsboten anzusehen, gelangt eine an einen der Ehegatten gerichtete Willenserklärung grundsätzlich auch dann in dessen Macht- und Zugriffsbereich, wenn sie dem anderen Ehegatten außerhalb der Wohnung übermittelt wird.

BAG, Urteil vom 9. 6. 2011 - 6 AZR 687/ 09 (Lexetius.com/2011,2765)


1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 7. September 2009 - 2 Sa 210/ 09 - wird zurückgewiesen.


2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.


Tatbestand: Die Parteien streiten noch darüber, ob die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2008 der Klägerin noch an diesem oder erst am nachfolgenden Tag zugegangen ist und die Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats somit am 29. Februar 2008 oder erst am 31. März 2008 abgelaufen ist.


Die Beklagte betreibt einen Palettenhandel. Die am 20. Januar 1981 geborene Klägerin war bei ihr seit dem 3. Februar 2003 als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand § 1 KSchG aufgrund der Kleinbetriebsklausel in § 23 Abs. 1 KSchG keine Anwendung. Am 31. Januar 2008 verließ die Klägerin nach einem Streit der Parteien ihren Arbeitsplatz. Mit einem Schreiben vom selben Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 29. Februar 2008 und stellte die Klägerin zugleich mit sofortiger Wirkung unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Das Kündigungsschreiben ließ sie dem Ehemann der Klägerin durch ihren Mitarbeiter G überbringen. Dieser suchte am Nachmittag des 31. Januar 2008 dazu den mit ihm befreundeten Ehemann der Klägerin an seinem Arbeitsplatz in einem Bau- und Heimwerkermarkt auf.

Die Klägerin hat behauptet, ihr Ehemann habe G nicht versprochen, das in einen verschlossenen Umschlag eingelegte Kündigungsschreiben an sie weiterzuleiten. Er habe erklärt, dass nicht zwischen ihm und der Beklagten, sondern zwischen seiner Ehefrau und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis bestehe. Formalitäten möge man intern regeln. G habe daraufhin das Kündigungsschreiben am Arbeitsplatz ihres Ehemannes zurückgelassen. Dieser habe es zunächst an seinem Arbeitsplatz liegen lassen. Deshalb sei ihr das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 erst mit der Übergabe durch ihren Ehemann am 1. Februar 2008 zugegangen. Ihr Ehemann sei nicht ihr Empfangsbote. Sie habe ihn nicht ermächtigt, für sie Willenserklärungen in Empfang zu nehmen. Die Annahme, Ehegatten seien Empfangsboten kraft Verkehrsanschauung, begegne grundsätzlichen Bedenken. Es unterliege der Entscheidungsfreiheit des potentiellen Empfängers einer Willenserklärung, welche Empfangseinrichtungen er zur Entgegennahme von Willenserklärungen bereit halte. Das Risiko der Übermittlung einer Willenserklärung habe der Absender und nicht der Empfänger einer Willenserklärung zu tragen. Eine "externe Briefkasteneigenschaft" von Ehegatten würde einen mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht in Einklang zu bringenden Nachteil bedeuten. Erfolge die Übergabe eines Schriftstücks an den Ehegatten außerhalb der Ehewohnung, sei jedenfalls die Willenserklärung dem anderen Ehegatten erst dann zugegangen, wenn ihm das Schriftstück ausgehändigt werde. Schließlich habe ihr Ehemann an seinem Arbeitsplatz am 31. Januar 2008 gegenüber G hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagte sich wegen des Zugangs des Schreibens direkt an seine Ehefrau wenden solle.

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 29. Februar 2008 hinaus bis zum 31. März 2008 bestanden hat.

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag vorgetragen, ihr Kündigungsschreiben vom 31. Januar 2008 sei der Klägerin noch am selben Tag zugegangen und habe das Arbeitsverhältnis zum 29. Februar 2008 beendet. Der Ehemann der Klägerin habe am Nachmittag des 31. Januar 2008 an seinem Arbeitsplatz ihrem Mitarbeiter G zugesagt, das Kündigungsschreiben an seine Ehefrau weiterzuleiten. Nach der Verkehrsanschauung sei der Ehemann der Klägerin ihr Empfangsbote. Unerheblich sei, dass das Kündigungsschreiben dem Ehemann außerhalb der Ehewohnung übergeben worden sei. Nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge sei eine Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin noch am 31. Januar 2008 zu erwarten gewesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit für die Revision von Bedeutung, stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2008 erst zum 31. März 2008 beendet worden ist. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit die Klägerin festgestellt haben wollte, dass das Arbeitsverhältnis über den 29. Februar 2008 hinaus bis zum 31. März 2008 fortbestanden hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2008 bezogenen Feststellungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe: Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten zum 29. Februar 2008 und nicht erst mit Ablauf des 31. März 2008 aufgelöst worden.

I. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist ihr das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 noch am selben Tag zugegangen und nicht erst mit der Übergabe des Schreibens durch ihren Ehemann am 1. Februar 2008. Da die Klägerin seit dem 3. Februar 2003 bei der Beklagten beschäftigt war und das Arbeitsverhältnis somit von der Beklagten gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende ordentlich gekündigt werden konnte, hat die Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2008 das Arbeitsverhältnis zum 29. Februar 2008 beendet.

1. Nach § 130 Abs. 1 BGB wird eine unter Abwesenden abgegebene empfangsbedürftige Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Empfänger zugeht. Bei einer schriftlichen Willenserklärung ist dies der Fall, sobald diese in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers oder eines empfangsberechtigten Dritten gelangt und für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von dem Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen (BAG 11. November 1992 - 2 AZR 328/ 92 - AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24).

2. Das Kündigungsschreiben vom 31. Januar 2008 wurde dem Ehemann der Klägerin am Nachmittag dieses Tages im Auftrag der Beklagten durch ihren Mitarbeiter G überbracht. Die Zustellung eines Kündigungsschreibens statt mit der Post durch eine vom Arbeitgeber eingeschaltete Mittelsperson ist verkehrsüblich, insbesondere dann, wenn nur so ein bestimmter Kündigungstermin gewahrt werden kann oder der kündigende Arbeitgeber den Zugang der Kündigung und den Zeitpunkt des Zugangs mit Hilfe eines Boten als Zeugen nachweisen will. Damit ist das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 an diesem Tag in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Ehemanns der Klägerin gelangt.

3. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, ihr Ehemann sei nicht empfangsberechtigt, insbesondere nicht ihr Empfangsbote gewesen.

a) Allerdings trifft es zu, dass die Klägerin ihren Ehemann weder ausdrücklich noch konkludent zum Empfang von Willenserklärungen ermächtigt und auch bezüglich einer solchen Ermächtigung keinen Rechtsschein gesetzt hat. Auch lässt sich der Begriff des Empfangsboten dem Gesetz nicht entnehmen. Dennoch erkennt die Rechtsprechung (vgl. BGH 17. März 1994 - X ZR 80/ 92 - NJW 1994, 2613; BSG 7. Oktober 2004 - B 3 KR 14/ 04 R - NJW 2005, 1303; BAG 16. Januar 1976 - 2 AZR 619/ 74 - AP BGB § 130 Nr. 7 = EzA BGB § 130 Nr. 5; 13. Oktober 1976 - 5 AZR 510/ 75 - AP BGB § 130 Nr. 8 = EzA BGB § 130 Nr. 7; 11. November 1992 - 2 AZR 328/ 92 - AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24; 9. April 2008 - 4 AZR 104/ 07 - AP TVG § 1 Nr. 43 = EzA ZPO 2002 § 259 Nr. 1; OLG Köln 18. Januar 2006 - 22 U 164/ 05 - MDR 2006, 866) und die im Schrifttum ganz herrschende Meinung (vgl. KR/ Friedrich 9. Aufl. § 4 KSchG Rn. 106; APS/ Ascheid/ Hesse 3. Aufl. § 4 KSchG Rn. 64a und Rn. 72; Kittner/ Däubler/ Zwanziger/ Däubler 8. Aufl. §§ 130 - 132 BGB Rn. 14 und Rn. 18; Thüsing/ Laux/ Lembke/ Wiehe KSchG 2. Aufl. § 4 Rn. 164; HaKo/ Fiebig 3. Aufl. Einleitung Rn. 48; Stahlhacke/ Preis 10. Aufl. 2010 Rn. 130; Schwarze in Schwarze/ Eylert/ Schrader KSchG Einleitung Rn. 42; ErfK/ Müller-Glöge 11. Aufl. § 620 BGB Rn. 55; DFL/ Löwisch 3. Aufl. § 130 BGB Rn. 4; MünchKommBGB/ Einsele 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Palandt/ Ellenberger 70. Aufl. § 130 Rn. 9; Larenz/ Wolf Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 9. Aufl. § 26 Rn. 41; Medicus Allgemeiner Teil des BGB 10. Aufl. § 22 Rn. 285 f.; Sandmann AcP 199 [1999] S. 455 ff.; Schwarz NJW 1994, 891; Joussen Jura 2003, 577; Herbert NZA 1994, 391; aA Staudinger/ Singer/ Benedict [2004] § 130 Rn. 58) neben Empfangsvertretern (§ 164 Abs. 3 BGB) nicht nur rechtsgeschäftlich bestellte Empfangsboten an, sondern im Wege der Rechtsfortbildung grundsätzlich auch Empfangsboten kraft Verkehrsanschauung. In Bezug auf rechtsgeschäftlich bestellte Empfangsboten lässt sich die Empfangsbotenstellung auf ein argumentum a maiore ad minus zu den §§ 164 ff. BGB stützen (Joussen Jura 2003, 577, 578; Sandmann AcP 199 [1999] S. 455, 456). Soweit Rechtsprechung und Schrifttum dem Adressaten auf der Grundlage der Verkehrsanschauung Empfangsboten zuordnen, wird die Empfangsbotenstellung aus der gesetzlichen Wertung in § 130 BGB abgeleitet, aus der sich die Grundsätze für die Risikoverteilung beim Zugang von Willenserklärungen ergeben (BAG 13. Oktober 1976 - 5 AZR 510/ 75 - AP BGB § 130 Nr. 8 = EzA BGB § 130 Nr. 7; Sandmann AcP 199 [1999] S. 455, 457; Schwarz NJW 1994, 891, 893).

b) Danach wird eine angemessene Verteilung des Übermittlungsrisikos erreicht, wenn der Zugang einer empfangsbedürftigen Willenserklärung angenommen wird, sobald diese so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis nehmen kann. Diese Formel ist auch Grundlage, wenn die Erklärung einem nach der Verkehrsanschauung als ermächtigt geltenden Empfangsboten übermittelt wird. Ebenso wie der Adressat dafür Sorge zu tragen habe, dass er von Erklärungen, die in seinen Machtbereich gelangt sind, Kenntnis erhält, könne er sich nicht auf seine Unkenntnis berufen, wenn solche Erklärungen an Personen übergeben werden, die regelmäßig Kontakt zu seinem Machtbereich haben und auch aufgrund ihrer Reife und Fähigkeiten geeignet erscheinen, Erklärungen an ihn weiterzuleiten (MünchKommBGB/ Einsele 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Sandmann AcP 199 [1999] S. 455, 457).


c) Allerdings ist der Begriff des Machtbereichs des Empfängers nicht eindeutig. Dies gilt auch dann, wenn unter Machtbereich der gewöhnliche räumlich-gegenständliche Zugriffsbereich oder Lebensbereich des Empfängers verstanden wird. Denn die Eigenschaft, Empfangsbote sein zu können, hängt nicht nur von einer auf eine gewisse Dauer angelegten räumlichen Beziehung zum Adressaten ab, sondern darüber hinaus auch von einer persönlichen oder vertraglichen Beziehung zum Adressaten (Herbert NZA 1994, 391, 392; Joussen Jura 2003, 577, 578). Ob diese Beziehungen eng genug sind, damit eine Person nach der Verkehrsanschauung als Empfangsbote gilt, mag im Einzelfall zweifelhaft sein, zumal die Verkehrsanschauung einem ständigen Wandel unterliegt.

d) Wenn auch über die Kriterien und Details, die nach der Verkehrsanschauung die Empfangsbotenstellung begründen oder ausschließen, keine völlige Einigkeit besteht, decken sich doch Rechtsprechung und der ganz überwiegende Teil des Schrifttums in einem gewissen Kernbereich. Danach werden in einer gemeinsamen Wohnung lebende Ehegatten füreinander grundsätzlich als Empfangsboten angesehen (BGH 17. März 1994 - X ZR 80/ 92 - NJW 1994, 2613; Joussen Jura 2003, 577, 578; Sandmann AcP 199 [1999] S. 455, 457; MünchKommBGB/ Einsele 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Herbert NZA 1994, 391, 392). Diese Verkehrsanschauung beruht auf der Lebenserfahrung, dass in aller Regel ohne weiteres davon auszugehen ist, dass die für einen Ehepartner bestimmte Erklärung durch Aushändigung an den anderen so in dessen Macht- und Zugriffsbereich gelangt, dass er von der Erklärung Kenntnis nehmen kann (BGH 17. März 1994 - X ZR 80/ 92 - aaO).

4. Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Annahme, dass in einer gemeinsamen Wohnung lebende Ehegatten grundsätzlich Empfangsboten sind, nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Ehegatten werden dadurch gegenüber Lebenspartnern oder unverheiratet zusammen lebenden Partnern nicht benachteiligt. Das Argument der Klägerin trägt schon deshalb nicht, weil nach der Verkehrsanschauung auch die in der Wohnung des Empfängers lebenden erwachsenen Haushaltsmitglieder (MünchKommBGB/ Einsele 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Herbert NZA 1994, 391, 392), insbesondere Lebenspartner und Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, als Empfangsboten gelten (Joussen Jura 2003, 577, 578).

5. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 sei ihrem Ehemann an seinem Arbeitsplatz in einem Bau- und Heimwerkermarkt und damit außerhalb der gemeinsamen Wohnung übergeben worden, so dass ihr die Kündigungserklärung erst am 1. Februar 2008 zugegangen sei, als sie das Kündigungsschreiben von ihrem Ehemann erhalten habe. Eine Willenserklärung ist grundsätzlich auch dann in den Machtbereich des Adressaten gelangt, wenn sie einem Empfangsboten außerhalb der Wohnung übermittelt wird. Für die auf der Lebenserfahrung beruhende Verkehrsanschauung, wonach in aller Regel davon ausgegangen werden kann, dass ein Ehegatte eine für den anderen Ehegatten bestimmte mündliche Erklärung diesem alsbald übermittelt oder ein für den anderen Ehegatten angenommenes Schriftstück diesem alsbald aushändigt, ist nicht erforderlich, dass sich der Empfangsbote bei der Entgegennahme der Willenserklärung in der Wohnung der Ehegatten aufhält (vgl. für nicht in derselben Wohnung lebende Empfangsboten BAG 11. November 1992 - 2 AZR 328/ 92 - AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24; OLG Köln 18. Januar 2006 - 22 U 164/ 05 - MDR 2006, 866). An welchem Ort eine Willenserklärung gegenüber einem Empfangsboten abgegeben wird, kann allerdings für den Zeitpunkt des Zugangs der Willenserklärung beim Adressaten von Bedeutung sein.

a) Ob eine Willenserklärung dem Adressaten bereits mit der Übermittlung an den Empfangsboten zugeht oder erst dann, wenn mit der Weitergabe der Erklärung durch den Empfangsboten an den Adressaten zu rechnen ist, ist zwar umstritten (vgl. zum Meinungsstreit Joussen Jura 2003, 577, 579 f.; Herbert NZA 1994, 391, 392). Den Vorzug verdient jedoch die letztgenannte Ansicht (so auch BGH 17. März 1994 - X ZR 80/ 92 - NJW 1994, 2613). Wird eine Erklärung gegenüber einem Empfangsboten abgegeben, kommt es anders als bei einer Empfangsvollmacht allein auf die Person des Adressaten an. Erst wenn dieser unter Zugrundelegung gewöhnlicher Übermittlungsverhältnisse die (theoretische) Möglichkeit der Kenntnisnahme hat, ist die an seinen Empfangsboten abgegebene Erklärung zugegangen. Denn der Empfangsbote hat lediglich die Funktion einer personifizierten Empfangseinrichtung des Adressaten (BGH 17. März 1994 - X ZR 80/ 92 - aaO). Als dessen Übermittlungswerkzeug soll er die Willenserklärung entgegennehmen und an ihn weiterleiten, also noch eine Tätigkeit entfalten, um dem Adressaten die Möglichkeit der Kenntnisnahme zu verschaffen. Vom Adressaten, auf den es für den Zugang allein ankommt, kann daher erst nach Ablauf der Zeit, die der Empfangsbote für die Übermittlungstätigkeit unter den obwaltenden Umständen normalerweise benötigt, erwartet werden, dass er von der Erklärung Kenntnis nehmen kann. Nur diese Auffassung wird der gängigen Zugangsdefinition gerecht, derzufolge vom Zugang auszugehen ist, wenn die Willenserklärung so in den Bereich des Erklärungsempfängers gelangt ist, dass er Kenntnis nehmen kann oder unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist (Herbert NZA 1994, 391, 392; Joussen aaO; Schwarz NJW 1994, 891).

b) Unter normalen Umständen war mit einer Aushändigung des Kündigungsschreibens der Beklagten vom 31. Januar 2008 an die Klägerin noch an diesem Tag zu rechnen. Das Landesarbeitsgericht hat zwar keine Feststellungen dazu getroffen, wie lange der Ehemann der Klägerin am 31. Januar 2008 im Bau- und Heimwerkermarkt gearbeitet hat und zu welchem Zeitpunkt am 31. Januar 2008 unter gewöhnlichen Umständen mit seiner Rückkehr in die Ehewohnung und damit mit der Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin zu rechnen war. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht nur angenommen, dass der Klägerin das Kündigungsschreiben am 31. Januar 2008 zugegangen ist, sondern auch, dass bei einer Übergabe eines Schreibens an einen Empfangsboten für den Zeitpunkt des Zugangs noch derjenige Zeitraum hinzuzurechnen ist, den der Empfangsbote benötigt, um das Schreiben bei regelmäßigem Verlauf der Dinge dem Adressaten auszuhändigen. Das Landesarbeitsgericht ist damit davon ausgegangen, dass der Klägerin das Kündigungsschreiben unter gewöhnlichen Umständen noch am 31. Januar 2008 von ihrem Ehemann hätte übergeben werden können. Es hat ferner ausgeführt, dass die Beklagte mit einer Aushändigung des Kündigungsschreibens an die Klägerin noch am 31. Januar 2008 nach der Rückkehr ihres Ehemanns in die Wohnung rechnen konnte. Diese Feststellungen hat die Klägerin nicht mit Rügen angegriffen.

6. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Ehemann der Klägerin es am 31. Januar 2008 nicht abgelehnt hat, das Kündigungsschreiben an die Klägerin weiterzuleiten.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (11. November 1992 - 2 AZR 328/ 92 - AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24) muss ein Arbeitnehmer die Kündigung grundsätzlich nicht als zugegangen gegen sich gelten lassen, wenn ein als Empfangsbote anzusehender Familienangehöriger des abwesenden Arbeitnehmers die Annahme eines Kündigungsschreibens des Arbeitgebers ablehnt. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Arbeitnehmer auf die Annahmeverweigerung, etwa durch vorherige Absprache mit dem Angehörigen, Einfluss genommen hat. Ob an dieser Rechtsprechung, die auf Zustimmung (Sandmann AcP 199 [1999] S. 455, 474 f.), aber auch auf Kritik (Herbert NZA 1994, 391, 393 ff.; Schwarz NJW 1994, 891) gestoßen ist, festzuhalten ist, bedarf keiner Entscheidung. Zugunsten der Klägerin kann davon ausgegangen werden, dass ihr das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 nicht an diesem Tag zugegangen wäre, wenn es ihr Ehemann abgelehnt hätte, das Kündigungsschreiben an sie weiterzuleiten. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat sich ihr Ehemann am 31. Januar 2008 nicht gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten G geweigert, ihr das Kündigungsschreiben auszuhändigen.

b) Der Inhalt von Willenserklärungen ist nach § 133 BGB objektiv unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach der Sicht des Empfängers zu bestimmen. Das Gericht muss die von den Parteien für und gegen die Auslegung geltend gemachten Umstände abwägen. Im Urteil ist nachvollziehbar darzulegen, aus welchen Gründen das Gericht zu seinem Ergebnis gelangt ist. Der in der auszulegenden Erklärung bzw. in dem auszulegenden Verhalten verkörperte rechtlich maßgebliche Wille ist zu ermitteln. Kann eine solche Feststellung nicht getroffen werden, so sind die jeweiligen Erklärungen bzw. das Verhalten einer Partei jeweils aus der Sicht des Erklärungsempfängers bzw. der anderen Partei so auszulegen, wie sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstanden werden durften (vgl. Senat 24. Juni 2010 - 6 AZR 75/ 09 - ZTR 2010, 646). Die Auslegung nichttypischer Willenserklärungen unterliegt dabei nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle. Vom Revisionsgericht ist sie nur dahin zu überprüfen, ob die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB verletzt worden sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder Umstände, die für die Auslegung von Bedeutung sein können, außer Betracht gelassen worden sind (st. Rspr., vgl. Senat 24. Juni 2010 - 6 AZR 75/ 09 - aaO; 17. Dezember 2009 - 6 AZR 716/ 08 - Rn. 19 mwN, EzTöD 120 TVöD-K § 8. 1 Nr. 3).

c) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Auslegung des Landesarbeitsgerichts stand.

aa) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es der Ehemann der Klägerin gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten G nicht ausdrücklich abgelehnt hat, das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 an die Klägerin weiterzuleiten. Wenn das Landesarbeitsgericht die Erklärung des Ehemanns der Klägerin, die Angelegenheit müsse zwischen der Beklagten und seiner Ehefrau geregelt werden, nicht als Ablehnung gewertet hat, das Kündigungsschreiben mit nach Hause zu nehmen und es der Klägerin zu übergeben, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

bb) Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, der Ehemann der Klägerin habe das Kündigungsschreiben am 31. Januar 2008 vergessen, und daraus eine grundsätzliche Bereitschaft des Ehemanns der Klägerin abgeleitet hat, das Kündigungsschreiben an die Klägerin weiterzuleiten, hat das Landesarbeitsgericht nicht näher begründet, worauf seine Annahme beruht, dass der Ehemann der Klägerin am 31. Januar 2008 vergessen hat, das Kündigungsschreiben mit nach Hause zu nehmen. Die Klägerin hat dies nicht behauptet, sondern nur vorgetragen, ihr Ehemann habe das Kündigungsschreiben am 31. Januar 2008 zunächst an seinem Arbeitsplatz liegen lassen und ihr erst am 1. Februar 2008 übergeben. Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 6. Oktober 2008 auf dieses Vorbringen Bezug genommen und die Ansicht vertreten, es sei unerheblich, ob der Ehemann der Klägerin das Kündigungsschreiben vergessen habe oder es mit Absicht an seinem Arbeitsplatz habe liegen lassen. In der Berufungsbegründung vom 26. April 2009 hat die Beklagte allerdings vorgetragen, der Ehemann der Klägerin habe angegeben, die Mitnahme des Kündigungsschreibens vergessen zu haben. Selbst wenn das Landesarbeitsgericht diesen Vortrag zu Unrecht als unstreitig angesehen und der Ehemann der Klägerin am 31. Januar 2008 die Mitnahme des Kündigungsschreibens nicht vergessen hätte, wäre maßgebend, dass das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, der Ehemann der Klägerin hätte eine Weigerung, das Kündigungsschreiben an seine Ehefrau weiterzuleiten, deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Daran fehlt es. Nach den von der Klägerin nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat ihr Ehemann den Mitarbeiter der Beklagten G weder aufgefordert, das Kündigungsschreiben wieder mitzunehmen, noch erklärt, dass er dieses Schreiben an die Klägerin nicht weiterleiten werde. Ohne eine solche Erklärung des Ehemanns der Klägerin durfte die Beklagte von einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin noch am 31. Januar 2008 ausgehen.

II. Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

Urteil zum Umgang mit Haustier

Umgangsrecht mit Haustier


Von der Trennung eines Ehepaares ist oft ein Haustier (Hund, Katze etc.) betroffen. Der erste Streitpunkt ist oft, wo das Haustier künftig leben soll. Haustiere werden von den Familiengerichten meist zum Hausrat gezählt oder die Regeln der Hausratsteilung werden entsprechend angewandt. Gegenstände des Hausrats werden nach der entsprechenden Vorschrift nach der Billigkeit verteilt.Ist der Streit geklärt, wo das Haustier nach der Trennung des Ehepaares wohnen wird, so stellt sich weiter die Frage, ob dem anderen Ehegatten ein Umgangsrecht mit dem Haustier zusteht. (II-10 WF 240/10 Beschluss vom 25.11.10) Das OLG Hamm hat in einer neueren Entscheidung ein Umgangsrecht mit einem Hund verneint. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Vorschrift in der das Umgangsrecht geregelt ist, auf Kinder zugeschnitten ist und auch nicht entsprechend herangezogen werden kann. Die Normen, die die Verteilung des Hausrats regeln, sehen nur eine endgültige Regelung vor! D.h. eine zeitliche begrenzte Nutzungsregelung kann aus Ihnen nicht hergeleitet werden. Obwohl es in 
dem Urteil vom OLG Hamm um einen Hund ging, können die Grundsätze des OLG Hamm auch auf andere Haustiere übertragen werden. 


Leitsatz: 
Rechtsanwältin Dagmar Constantas Saamen 
Quelle: www.fachanwaeltinnen-portal.net


Das vollständige Urteil: 


Das Beschwerdeverfahren wird von dem Einzelrichter auf den Senat übertragen.
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 16.09.2010 gegen den die Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund vom 17.08.2010 wird zurückgewiesen.


Gründe


I.Die Beteiligten sind voneinander getrennt lebende Ehegatten. Der während der Ehe angeschaffte Hund hält sich vereinbarungsgemäß bei dem Antragsgegner auf. Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag vom 21.07.2010 die Einräumung des Rechts, den gemeinsamen Hund Z, geboren am 10.02.2008, in der Woche jeweils dienstags und freitags in der Zeit von 16:30 Uhr bis 20:30 Uhr zu nutzen.


Das Amtsgericht - Familiengericht - Dortmund hat den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit Beschluss vom 17.08.2010 zurückgewiesen, weil für die begehrte Umgangs- bzw. Nutzungsregelung keine rechtliche Grundlage bestehe.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer form- und fristgerecht bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat. Sie meint, als Miteigentümerin des Hundes ein Nutzungsrecht zu haben.
Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss.


II. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das Familiengericht den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen, weil die Rechtsverfolgung der Antragstellerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO):


1. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf eine zeitlich begrenzte Nutzungsregelung hinsichtlich des Hundes aus § 1361a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB.


a) Nach der genannten Vorschrift kann das Familiengericht die Verteilung von Haushaltsgegenständen während der Dauer des Getrenntlebens der Ehegatten regeln.
Vom Hausrat sind alle beweglichen Sachen erfasst, die nach den Lebensverhältnissen der Eheleute üblicherweise der Einrichtung der Wohnung, der Hauswirtschaft und dem Zusammenleben der Familie, d.h. der gemeinsamen Lebensführung zu dienen bestimmt sind (vgl. OLG Celle, NJW-RR 2009, 1306, 1307; FamRZ 2009, 1911; Palandt-Brudermüller, Kommentar zum BGB, 69. Auflage 2010, § 1361a BGB Rn 2 m.w.N.; Voppel, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2007, § 1361a BGB Rn 8). Nach der wohl überwiegenden Rechtsprechung und Literatur gehören auch Tiere zum Hausrat (vgl. OLG Schleswig, NJW 1998, 3127). Auch wenn Tiere keine Sachen sind (§ 90 a BGB), werden die Regelungen zur vorläufigen (§ 1361 a BGB) oder endgültigen Hausratsverteilung zumindest analog angewendet (vgl. OLG Celle, NJW-RR 2009, 1306, 1307 betreffend mehrere Papageien; OLG Bamberg, FamRZ 2004, 559 betreffend einen Hund; OLG Naumburg FamRZ 2001, 481 betreffend mehrere Pferde; OLG Schleswig NJW 1998, 3127 betreffend einen Pudel; OLG Zweibrücken FamRZ 1998, 1432; Götz, in: Johannsen/Henrich, Kommentar zum Familienrecht, 5. Auflage 2010, § 1361a BGB Rn 20). Jedenfalls kann für Haustiere eine sinngemäße Anwendung des § 1361a BGB angezeigt sein (vgl. Palandt-Brudermüller, a.a.O., § 1361a BGB Rn 10).


b) Es kann dahinstehen, ob § 1361a BGB im vorliegenden Fall überhaupt Anwendung findet. Vorliegend begehrt die Antragstellerin nicht die Zuweisung des Hundes an sich selbst für die Dauer der Trennung. Sie ist vielmehr damit einverstanden, dass sich der Hund während der überwiegenden Zeit bei dem Antragsgegner aufhält. Sie begehrt nur die Nutzung für wenige Stunden in der Woche. Sinn und Zweck des Hausratsteilungsverfahrens ist es jedoch, dem antragstellenden Ehegatten die eigene Nutzung des Hausrats für seine Lebensbedürfnisse zu ermöglichen und eine Neuanschaffung von Hausratsgegenständen zu vermeiden (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1999, 1087). Mit diesem Gesetzeszweck ist das Begehren der Antragstellerin nicht vereinbar.


2. Der Antragstellerin steht auch kein Umgangsrecht mit dem Hund zu:
Einen solchen Anspruch auf ein Umgangsrecht mit dem Hund, der beim früheren Partner verblieben ist, besteht nicht (vgl. OLG Bamberg, MDR 2004, 37; OLG Schleswig , NJW 1998, 3127; Götz, in: Johannsen/Henrich, a.a.O., § 1361a BGB Rn 20; Seier in: jurisPK-BGB, 5. Auflage 2010, § 1361a BGB Rn 24; a.A.: AG Bad Mergentheim, NJW 1997, 3033f). Die Vorschrift des § 1361a BGB beinhaltet aus den genannten Gründen kein Umgangsrecht. Eine Analogie zu anderen gesetzlichen Umgangsregelungen verbietet sich. Insbesondere § 1684 Abs. 1 BGB ist zugeschnitten auf ein am Wohl eines Kindes orientiertes Umgangsrecht und dient nicht in erster Linie der Befriedigung emotionaler Bedürfnisse des umgangsberechtigten Elternteils, um die es im Verhältnis von zwei sich trennenden Partnern zu einem gemeinsam gehaltenen Hund geht; insoweit gelten gemäß § 90a BGB die Bestimmungen der Hausratsteilung, die nur eine Zuweisung, aber keine Umgangsregelung vorsehen (vgl. im Einzelnen: Rauscher, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2006, § 1684 BGB Rn 56 m.w.N.)


3. Ein Anspruch auf Teilhabe an dem Gegenstand aus § 743 Abs. 2 BGB, § 744 Abs. 2 bzw. § 745 Abs. 2 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht.
Es kann dahinstehen, ob der Hund im Miteigentum der beteiligten Ehegatten steht. Es kann ferner offen bleiben, ob nach den genannten Vorschriften ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht an dem Tier oder nur eine Zuweisung des Hundes an einen Berechtigten erfolgen kann (vgl. dazu: AG Walsrode, NJW-RR 2004, 365: zur Anwendbarkeit der §§ 743ff BGB bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft). Denn die genannten Vorschriften sind bei getrennt lebenden Ehegatten nicht anwendbar. Die Regelungen der Hausratsteilung - hier: § 1361a BGB - haben Vorrang vor den allgemeinen gesetzlichen Regelungen; sie schließen - abgesehen von Besitzschutzansprüchen - allgemeine Regelungen aus (vgl. Götz, in: Johannsen/Henrich, a.a.O., § 1361a BGB Rn 22, 43; Palandt-Brudermüller, a.a.O., § 1361b BGB Rn 12 für Ansprüche aus § 985 BGB). Bezweckt wird aus den bereits genannten Gründen die Zuweisung des Hausrats zur eigenen Nutzung des begünstigten Ehegatten; mit diesem Zweck ist nicht vereinbar, neben einer Zuweisung eines Hausratsgegenstandes an einen Ehegatten dem anderen Ehegatten - auf welcher gesetzlichen Grundlage auch immer - ein zeitlich befristetes Nutzungsrecht einzuräumen.
Dabei bleibt den Beteiligten unbenommen, im Interesse des Tieres eine andere Vereinbarung zu treffen. Soweit sich der Antragsgegner einer solchen Vereinbarung bislang verschließt, scheinen nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand dafür - abgesehen von den formalen Gesichtspunkten - keine nachvollziehbaren Gründe vorhanden zu sein.


III.Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).

Wichtige Hinweise zu gemeinsamen Bankkonten

Bankkonten


Viele Ehegatten haben ein gemeinsames Konto. Ist dieses zur Zeit der Trennung in Folge gemeinsamer Ausgaben überzogen, handelt es sich bei der Überziehung (= Dispokredit) um gemeinsame Schulden der Eheleute, die von beiden zur Hälfte zu tragen sind.


Ist hierzu ein Ehegatte mangels Einkommen nicht in der Lage, so zahlt er doch indirekt, da sein Unterhaltsanspruch sinkt. Denn das Einkommen des Unterhaltspflichtigen, der den Kredit zurückführt, ist geringer und damit auch der Unterhalt des anderen Ehegatten.


Hinweis:
Ist das gemeinsame Konto bei der Trennung überzogen, kann es nicht aufgelöst werden. Um eine weitere Überziehung durch den anderen Ehegatten zu verhindern, sollte man sofort den Dispo auf die Höhe der Überziehung zurücksetzen lassen!


Plünderung des Kontos:
Leider kommt es oft vor, dass ein Ehegatte kurz vor oder nach der Trennung das Konto „plündert“. Handelt es sich um ein Einzelkonto des anderen Ehegatten mit Vollmacht für den Abhebenden, so muss man wissen, dass die Vollmacht Geldabhebungen im Verhältnis zur Bank natürlich rechtfertigt. Im Innenverhältnis zum Kontoinhaber rechtfertigt die erteilte Vollmacht nur Verfügungen etc., um Kosten für den gemeinsamen Haushalt zu bezahlen. D.h., entnimmt der Abhebende Gelder vom Konto des anderen Ehegatten, um seinen Auszug und die Trennung etc. zu finanzieren, so ist die Geldentnahme nicht von der Vollmacht des Kontoinhabers gedeckt. Der Abhebende ist zur Rückzahlung der Gelder verpflichtet. Ausserdem setzt er sich dem Risiko eines Strafverfahrens aus. Denn die vollmachtlose Abhebung von Geldern vom Konto des anderen Ehegatten stellt strafrechtlich eine Untreue dar! Dies wird häufig übersehen.


Erfolgte die Abhebung der Gelder von einem gemeinsamen Konto der Eheleute, so ist zu beachten, dass dem Abhebenden von dem Guthaben nur die Hälfte zusteht. Hebt er mehr ab, muss er den Differenzbetrag an den anderen Ehegatten zurückzahlen. 


Ihre Rechtsanwältin
Dagmar Constantas-Saamen
Quelle: www.scheidung-online-bonn.de