Jobkündigung bei Übergabe des Schreibens an Ehemann ?
Fall:
Fall:
Ein Arbeitgeber wollte einer Arbeitnehmerin kündigen. Statt das Kündigungsschreiben ihr selber zu übergeben oder mit der Post zu schicken, gab er es dem Ehemann außerhalb der Ehewohung. Dieser vergaß aber es weiterzuleiten.
Streitig war zwischen dem Arbeitgeber und der Arbeitnehmerin, an welchem Tag die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zugegangen ist. Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, die Kündigung sei wirksam zugegangen mit Übergabe an den Ehemann. Die Arbeitnehmerin wollte auf den tatsächlichen Erhalt des Briefes, der die Kündigung enthielt, abstellen, also einen Tag später.
Das Bundesarbeitsgericht hat dem Arbeitgeber im Ergebnis Recht gegeben. Allerdings sei nicht auf den Zeitpunkt der Aushändigung des Briefes an den Ehemann abzustellen, sondern den Zeitpunkt, in dem damit gerechnet werden kann, dass dieser den Brief seiner Ehefrau gibt. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass ein Brief nach der Rückkehr in die Ehewohung am Abend übergeben wird. Aus diesem Grunde wurde die Kündigung des Arbeitsverhältnisses an dem Tag wirksam, als der Arbeitgeber das Kündigungsschreiben dem Ehemann übergeben hat.
Quelle: www.fachanwaeltinnen-portal.net
Quelle: www.fachanwaeltinnen-portal.net
Zum Urteil BAG 9.6.2011 6 AZR 687/09
Bundesarbeitsgericht
Zugang einer Kündigung - Ehegatte als Empfangsbote
Leben Ehegatten in einer gemeinsamen Wohnung und sind sie deshalb nach der Verkehrsanschauung füreinander als Empfangsboten anzusehen, gelangt eine an einen der Ehegatten gerichtete Willenserklärung grundsätzlich auch dann in dessen Macht- und Zugriffsbereich, wenn sie dem anderen Ehegatten außerhalb der Wohnung übermittelt wird.
BAG, Urteil vom 9. 6. 2011 - 6 AZR 687/ 09 (Lexetius.com/2011,2765)
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 7. September 2009 - 2 Sa 210/ 09 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand: Die Parteien streiten noch darüber, ob die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2008 der Klägerin noch an diesem oder erst am nachfolgenden Tag zugegangen ist und die Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats somit am 29. Februar 2008 oder erst am 31. März 2008 abgelaufen ist.
Die Beklagte betreibt einen Palettenhandel. Die am 20. Januar 1981 geborene Klägerin war bei ihr seit dem 3. Februar 2003 als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand § 1 KSchG aufgrund der Kleinbetriebsklausel in § 23 Abs. 1 KSchG keine Anwendung. Am 31. Januar 2008 verließ die Klägerin nach einem Streit der Parteien ihren Arbeitsplatz. Mit einem Schreiben vom selben Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 29. Februar 2008 und stellte die Klägerin zugleich mit sofortiger Wirkung unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Das Kündigungsschreiben ließ sie dem Ehemann der Klägerin durch ihren Mitarbeiter G überbringen. Dieser suchte am Nachmittag des 31. Januar 2008 dazu den mit ihm befreundeten Ehemann der Klägerin an seinem Arbeitsplatz in einem Bau- und Heimwerkermarkt auf.
Die Klägerin hat behauptet, ihr Ehemann habe G nicht versprochen, das in einen verschlossenen Umschlag eingelegte Kündigungsschreiben an sie weiterzuleiten. Er habe erklärt, dass nicht zwischen ihm und der Beklagten, sondern zwischen seiner Ehefrau und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis bestehe. Formalitäten möge man intern regeln. G habe daraufhin das Kündigungsschreiben am Arbeitsplatz ihres Ehemannes zurückgelassen. Dieser habe es zunächst an seinem Arbeitsplatz liegen lassen. Deshalb sei ihr das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 erst mit der Übergabe durch ihren Ehemann am 1. Februar 2008 zugegangen. Ihr Ehemann sei nicht ihr Empfangsbote. Sie habe ihn nicht ermächtigt, für sie Willenserklärungen in Empfang zu nehmen. Die Annahme, Ehegatten seien Empfangsboten kraft Verkehrsanschauung, begegne grundsätzlichen Bedenken. Es unterliege der Entscheidungsfreiheit des potentiellen Empfängers einer Willenserklärung, welche Empfangseinrichtungen er zur Entgegennahme von Willenserklärungen bereit halte. Das Risiko der Übermittlung einer Willenserklärung habe der Absender und nicht der Empfänger einer Willenserklärung zu tragen. Eine "externe Briefkasteneigenschaft" von Ehegatten würde einen mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht in Einklang zu bringenden Nachteil bedeuten. Erfolge die Übergabe eines Schriftstücks an den Ehegatten außerhalb der Ehewohnung, sei jedenfalls die Willenserklärung dem anderen Ehegatten erst dann zugegangen, wenn ihm das Schriftstück ausgehändigt werde. Schließlich habe ihr Ehemann an seinem Arbeitsplatz am 31. Januar 2008 gegenüber G hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagte sich wegen des Zugangs des Schreibens direkt an seine Ehefrau wenden solle.
Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 29. Februar 2008 hinaus bis zum 31. März 2008 bestanden hat.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag vorgetragen, ihr Kündigungsschreiben vom 31. Januar 2008 sei der Klägerin noch am selben Tag zugegangen und habe das Arbeitsverhältnis zum 29. Februar 2008 beendet. Der Ehemann der Klägerin habe am Nachmittag des 31. Januar 2008 an seinem Arbeitsplatz ihrem Mitarbeiter G zugesagt, das Kündigungsschreiben an seine Ehefrau weiterzuleiten. Nach der Verkehrsanschauung sei der Ehemann der Klägerin ihr Empfangsbote. Unerheblich sei, dass das Kündigungsschreiben dem Ehemann außerhalb der Ehewohnung übergeben worden sei. Nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge sei eine Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin noch am 31. Januar 2008 zu erwarten gewesen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit für die Revision von Bedeutung, stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2008 erst zum 31. März 2008 beendet worden ist. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit die Klägerin festgestellt haben wollte, dass das Arbeitsverhältnis über den 29. Februar 2008 hinaus bis zum 31. März 2008 fortbestanden hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2008 bezogenen Feststellungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe: Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten zum 29. Februar 2008 und nicht erst mit Ablauf des 31. März 2008 aufgelöst worden.
I. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist ihr das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 noch am selben Tag zugegangen und nicht erst mit der Übergabe des Schreibens durch ihren Ehemann am 1. Februar 2008. Da die Klägerin seit dem 3. Februar 2003 bei der Beklagten beschäftigt war und das Arbeitsverhältnis somit von der Beklagten gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende ordentlich gekündigt werden konnte, hat die Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2008 das Arbeitsverhältnis zum 29. Februar 2008 beendet.
1. Nach § 130 Abs. 1 BGB wird eine unter Abwesenden abgegebene empfangsbedürftige Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Empfänger zugeht. Bei einer schriftlichen Willenserklärung ist dies der Fall, sobald diese in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers oder eines empfangsberechtigten Dritten gelangt und für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von dem Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen (BAG 11. November 1992 - 2 AZR 328/ 92 - AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24).
2. Das Kündigungsschreiben vom 31. Januar 2008 wurde dem Ehemann der Klägerin am Nachmittag dieses Tages im Auftrag der Beklagten durch ihren Mitarbeiter G überbracht. Die Zustellung eines Kündigungsschreibens statt mit der Post durch eine vom Arbeitgeber eingeschaltete Mittelsperson ist verkehrsüblich, insbesondere dann, wenn nur so ein bestimmter Kündigungstermin gewahrt werden kann oder der kündigende Arbeitgeber den Zugang der Kündigung und den Zeitpunkt des Zugangs mit Hilfe eines Boten als Zeugen nachweisen will. Damit ist das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 an diesem Tag in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Ehemanns der Klägerin gelangt.
3. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, ihr Ehemann sei nicht empfangsberechtigt, insbesondere nicht ihr Empfangsbote gewesen.
a) Allerdings trifft es zu, dass die Klägerin ihren Ehemann weder ausdrücklich noch konkludent zum Empfang von Willenserklärungen ermächtigt und auch bezüglich einer solchen Ermächtigung keinen Rechtsschein gesetzt hat. Auch lässt sich der Begriff des Empfangsboten dem Gesetz nicht entnehmen. Dennoch erkennt die Rechtsprechung (vgl. BGH 17. März 1994 - X ZR 80/ 92 - NJW 1994, 2613; BSG 7. Oktober 2004 - B 3 KR 14/ 04 R - NJW 2005, 1303; BAG 16. Januar 1976 - 2 AZR 619/ 74 - AP BGB § 130 Nr. 7 = EzA BGB § 130 Nr. 5; 13. Oktober 1976 - 5 AZR 510/ 75 - AP BGB § 130 Nr. 8 = EzA BGB § 130 Nr. 7; 11. November 1992 - 2 AZR 328/ 92 - AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24; 9. April 2008 - 4 AZR 104/ 07 - AP TVG § 1 Nr. 43 = EzA ZPO 2002 § 259 Nr. 1; OLG Köln 18. Januar 2006 - 22 U 164/ 05 - MDR 2006, 866) und die im Schrifttum ganz herrschende Meinung (vgl. KR/ Friedrich 9. Aufl. § 4 KSchG Rn. 106; APS/ Ascheid/ Hesse 3. Aufl. § 4 KSchG Rn. 64a und Rn. 72; Kittner/ Däubler/ Zwanziger/ Däubler 8. Aufl. §§ 130 - 132 BGB Rn. 14 und Rn. 18; Thüsing/ Laux/ Lembke/ Wiehe KSchG 2. Aufl. § 4 Rn. 164; HaKo/ Fiebig 3. Aufl. Einleitung Rn. 48; Stahlhacke/ Preis 10. Aufl. 2010 Rn. 130; Schwarze in Schwarze/ Eylert/ Schrader KSchG Einleitung Rn. 42; ErfK/ Müller-Glöge 11. Aufl. § 620 BGB Rn. 55; DFL/ Löwisch 3. Aufl. § 130 BGB Rn. 4; MünchKommBGB/ Einsele 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Palandt/ Ellenberger 70. Aufl. § 130 Rn. 9; Larenz/ Wolf Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 9. Aufl. § 26 Rn. 41; Medicus Allgemeiner Teil des BGB 10. Aufl. § 22 Rn. 285 f.; Sandmann AcP 199 [1999] S. 455 ff.; Schwarz NJW 1994, 891; Joussen Jura 2003, 577; Herbert NZA 1994, 391; aA Staudinger/ Singer/ Benedict [2004] § 130 Rn. 58) neben Empfangsvertretern (§ 164 Abs. 3 BGB) nicht nur rechtsgeschäftlich bestellte Empfangsboten an, sondern im Wege der Rechtsfortbildung grundsätzlich auch Empfangsboten kraft Verkehrsanschauung. In Bezug auf rechtsgeschäftlich bestellte Empfangsboten lässt sich die Empfangsbotenstellung auf ein argumentum a maiore ad minus zu den §§ 164 ff. BGB stützen (Joussen Jura 2003, 577, 578; Sandmann AcP 199 [1999] S. 455, 456). Soweit Rechtsprechung und Schrifttum dem Adressaten auf der Grundlage der Verkehrsanschauung Empfangsboten zuordnen, wird die Empfangsbotenstellung aus der gesetzlichen Wertung in § 130 BGB abgeleitet, aus der sich die Grundsätze für die Risikoverteilung beim Zugang von Willenserklärungen ergeben (BAG 13. Oktober 1976 - 5 AZR 510/ 75 - AP BGB § 130 Nr. 8 = EzA BGB § 130 Nr. 7; Sandmann AcP 199 [1999] S. 455, 457; Schwarz NJW 1994, 891, 893).
b) Danach wird eine angemessene Verteilung des Übermittlungsrisikos erreicht, wenn der Zugang einer empfangsbedürftigen Willenserklärung angenommen wird, sobald diese so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis nehmen kann. Diese Formel ist auch Grundlage, wenn die Erklärung einem nach der Verkehrsanschauung als ermächtigt geltenden Empfangsboten übermittelt wird. Ebenso wie der Adressat dafür Sorge zu tragen habe, dass er von Erklärungen, die in seinen Machtbereich gelangt sind, Kenntnis erhält, könne er sich nicht auf seine Unkenntnis berufen, wenn solche Erklärungen an Personen übergeben werden, die regelmäßig Kontakt zu seinem Machtbereich haben und auch aufgrund ihrer Reife und Fähigkeiten geeignet erscheinen, Erklärungen an ihn weiterzuleiten (MünchKommBGB/ Einsele 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Sandmann AcP 199 [1999] S. 455, 457).
c) Allerdings ist der Begriff des Machtbereichs des Empfängers nicht eindeutig. Dies gilt auch dann, wenn unter Machtbereich der gewöhnliche räumlich-gegenständliche Zugriffsbereich oder Lebensbereich des Empfängers verstanden wird. Denn die Eigenschaft, Empfangsbote sein zu können, hängt nicht nur von einer auf eine gewisse Dauer angelegten räumlichen Beziehung zum Adressaten ab, sondern darüber hinaus auch von einer persönlichen oder vertraglichen Beziehung zum Adressaten (Herbert NZA 1994, 391, 392; Joussen Jura 2003, 577, 578). Ob diese Beziehungen eng genug sind, damit eine Person nach der Verkehrsanschauung als Empfangsbote gilt, mag im Einzelfall zweifelhaft sein, zumal die Verkehrsanschauung einem ständigen Wandel unterliegt.
d) Wenn auch über die Kriterien und Details, die nach der Verkehrsanschauung die Empfangsbotenstellung begründen oder ausschließen, keine völlige Einigkeit besteht, decken sich doch Rechtsprechung und der ganz überwiegende Teil des Schrifttums in einem gewissen Kernbereich. Danach werden in einer gemeinsamen Wohnung lebende Ehegatten füreinander grundsätzlich als Empfangsboten angesehen (BGH 17. März 1994 - X ZR 80/ 92 - NJW 1994, 2613; Joussen Jura 2003, 577, 578; Sandmann AcP 199 [1999] S. 455, 457; MünchKommBGB/ Einsele 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Herbert NZA 1994, 391, 392). Diese Verkehrsanschauung beruht auf der Lebenserfahrung, dass in aller Regel ohne weiteres davon auszugehen ist, dass die für einen Ehepartner bestimmte Erklärung durch Aushändigung an den anderen so in dessen Macht- und Zugriffsbereich gelangt, dass er von der Erklärung Kenntnis nehmen kann (BGH 17. März 1994 - X ZR 80/ 92 - aaO).
4. Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Annahme, dass in einer gemeinsamen Wohnung lebende Ehegatten grundsätzlich Empfangsboten sind, nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Ehegatten werden dadurch gegenüber Lebenspartnern oder unverheiratet zusammen lebenden Partnern nicht benachteiligt. Das Argument der Klägerin trägt schon deshalb nicht, weil nach der Verkehrsanschauung auch die in der Wohnung des Empfängers lebenden erwachsenen Haushaltsmitglieder (MünchKommBGB/ Einsele 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Herbert NZA 1994, 391, 392), insbesondere Lebenspartner und Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, als Empfangsboten gelten (Joussen Jura 2003, 577, 578).
5. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 sei ihrem Ehemann an seinem Arbeitsplatz in einem Bau- und Heimwerkermarkt und damit außerhalb der gemeinsamen Wohnung übergeben worden, so dass ihr die Kündigungserklärung erst am 1. Februar 2008 zugegangen sei, als sie das Kündigungsschreiben von ihrem Ehemann erhalten habe. Eine Willenserklärung ist grundsätzlich auch dann in den Machtbereich des Adressaten gelangt, wenn sie einem Empfangsboten außerhalb der Wohnung übermittelt wird. Für die auf der Lebenserfahrung beruhende Verkehrsanschauung, wonach in aller Regel davon ausgegangen werden kann, dass ein Ehegatte eine für den anderen Ehegatten bestimmte mündliche Erklärung diesem alsbald übermittelt oder ein für den anderen Ehegatten angenommenes Schriftstück diesem alsbald aushändigt, ist nicht erforderlich, dass sich der Empfangsbote bei der Entgegennahme der Willenserklärung in der Wohnung der Ehegatten aufhält (vgl. für nicht in derselben Wohnung lebende Empfangsboten BAG 11. November 1992 - 2 AZR 328/ 92 - AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24; OLG Köln 18. Januar 2006 - 22 U 164/ 05 - MDR 2006, 866). An welchem Ort eine Willenserklärung gegenüber einem Empfangsboten abgegeben wird, kann allerdings für den Zeitpunkt des Zugangs der Willenserklärung beim Adressaten von Bedeutung sein.
a) Ob eine Willenserklärung dem Adressaten bereits mit der Übermittlung an den Empfangsboten zugeht oder erst dann, wenn mit der Weitergabe der Erklärung durch den Empfangsboten an den Adressaten zu rechnen ist, ist zwar umstritten (vgl. zum Meinungsstreit Joussen Jura 2003, 577, 579 f.; Herbert NZA 1994, 391, 392). Den Vorzug verdient jedoch die letztgenannte Ansicht (so auch BGH 17. März 1994 - X ZR 80/ 92 - NJW 1994, 2613). Wird eine Erklärung gegenüber einem Empfangsboten abgegeben, kommt es anders als bei einer Empfangsvollmacht allein auf die Person des Adressaten an. Erst wenn dieser unter Zugrundelegung gewöhnlicher Übermittlungsverhältnisse die (theoretische) Möglichkeit der Kenntnisnahme hat, ist die an seinen Empfangsboten abgegebene Erklärung zugegangen. Denn der Empfangsbote hat lediglich die Funktion einer personifizierten Empfangseinrichtung des Adressaten (BGH 17. März 1994 - X ZR 80/ 92 - aaO). Als dessen Übermittlungswerkzeug soll er die Willenserklärung entgegennehmen und an ihn weiterleiten, also noch eine Tätigkeit entfalten, um dem Adressaten die Möglichkeit der Kenntnisnahme zu verschaffen. Vom Adressaten, auf den es für den Zugang allein ankommt, kann daher erst nach Ablauf der Zeit, die der Empfangsbote für die Übermittlungstätigkeit unter den obwaltenden Umständen normalerweise benötigt, erwartet werden, dass er von der Erklärung Kenntnis nehmen kann. Nur diese Auffassung wird der gängigen Zugangsdefinition gerecht, derzufolge vom Zugang auszugehen ist, wenn die Willenserklärung so in den Bereich des Erklärungsempfängers gelangt ist, dass er Kenntnis nehmen kann oder unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist (Herbert NZA 1994, 391, 392; Joussen aaO; Schwarz NJW 1994, 891).
b) Unter normalen Umständen war mit einer Aushändigung des Kündigungsschreibens der Beklagten vom 31. Januar 2008 an die Klägerin noch an diesem Tag zu rechnen. Das Landesarbeitsgericht hat zwar keine Feststellungen dazu getroffen, wie lange der Ehemann der Klägerin am 31. Januar 2008 im Bau- und Heimwerkermarkt gearbeitet hat und zu welchem Zeitpunkt am 31. Januar 2008 unter gewöhnlichen Umständen mit seiner Rückkehr in die Ehewohnung und damit mit der Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin zu rechnen war. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht nur angenommen, dass der Klägerin das Kündigungsschreiben am 31. Januar 2008 zugegangen ist, sondern auch, dass bei einer Übergabe eines Schreibens an einen Empfangsboten für den Zeitpunkt des Zugangs noch derjenige Zeitraum hinzuzurechnen ist, den der Empfangsbote benötigt, um das Schreiben bei regelmäßigem Verlauf der Dinge dem Adressaten auszuhändigen. Das Landesarbeitsgericht ist damit davon ausgegangen, dass der Klägerin das Kündigungsschreiben unter gewöhnlichen Umständen noch am 31. Januar 2008 von ihrem Ehemann hätte übergeben werden können. Es hat ferner ausgeführt, dass die Beklagte mit einer Aushändigung des Kündigungsschreibens an die Klägerin noch am 31. Januar 2008 nach der Rückkehr ihres Ehemanns in die Wohnung rechnen konnte. Diese Feststellungen hat die Klägerin nicht mit Rügen angegriffen.
6. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Ehemann der Klägerin es am 31. Januar 2008 nicht abgelehnt hat, das Kündigungsschreiben an die Klägerin weiterzuleiten.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (11. November 1992 - 2 AZR 328/ 92 - AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24) muss ein Arbeitnehmer die Kündigung grundsätzlich nicht als zugegangen gegen sich gelten lassen, wenn ein als Empfangsbote anzusehender Familienangehöriger des abwesenden Arbeitnehmers die Annahme eines Kündigungsschreibens des Arbeitgebers ablehnt. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Arbeitnehmer auf die Annahmeverweigerung, etwa durch vorherige Absprache mit dem Angehörigen, Einfluss genommen hat. Ob an dieser Rechtsprechung, die auf Zustimmung (Sandmann AcP 199 [1999] S. 455, 474 f.), aber auch auf Kritik (Herbert NZA 1994, 391, 393 ff.; Schwarz NJW 1994, 891) gestoßen ist, festzuhalten ist, bedarf keiner Entscheidung. Zugunsten der Klägerin kann davon ausgegangen werden, dass ihr das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 nicht an diesem Tag zugegangen wäre, wenn es ihr Ehemann abgelehnt hätte, das Kündigungsschreiben an sie weiterzuleiten. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat sich ihr Ehemann am 31. Januar 2008 nicht gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten G geweigert, ihr das Kündigungsschreiben auszuhändigen.
b) Der Inhalt von Willenserklärungen ist nach § 133 BGB objektiv unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach der Sicht des Empfängers zu bestimmen. Das Gericht muss die von den Parteien für und gegen die Auslegung geltend gemachten Umstände abwägen. Im Urteil ist nachvollziehbar darzulegen, aus welchen Gründen das Gericht zu seinem Ergebnis gelangt ist. Der in der auszulegenden Erklärung bzw. in dem auszulegenden Verhalten verkörperte rechtlich maßgebliche Wille ist zu ermitteln. Kann eine solche Feststellung nicht getroffen werden, so sind die jeweiligen Erklärungen bzw. das Verhalten einer Partei jeweils aus der Sicht des Erklärungsempfängers bzw. der anderen Partei so auszulegen, wie sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstanden werden durften (vgl. Senat 24. Juni 2010 - 6 AZR 75/ 09 - ZTR 2010, 646). Die Auslegung nichttypischer Willenserklärungen unterliegt dabei nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle. Vom Revisionsgericht ist sie nur dahin zu überprüfen, ob die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB verletzt worden sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder Umstände, die für die Auslegung von Bedeutung sein können, außer Betracht gelassen worden sind (st. Rspr., vgl. Senat 24. Juni 2010 - 6 AZR 75/ 09 - aaO; 17. Dezember 2009 - 6 AZR 716/ 08 - Rn. 19 mwN, EzTöD 120 TVöD-K § 8. 1 Nr. 3).
c) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Auslegung des Landesarbeitsgerichts stand.
aa) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es der Ehemann der Klägerin gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten G nicht ausdrücklich abgelehnt hat, das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2008 an die Klägerin weiterzuleiten. Wenn das Landesarbeitsgericht die Erklärung des Ehemanns der Klägerin, die Angelegenheit müsse zwischen der Beklagten und seiner Ehefrau geregelt werden, nicht als Ablehnung gewertet hat, das Kündigungsschreiben mit nach Hause zu nehmen und es der Klägerin zu übergeben, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
bb) Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, der Ehemann der Klägerin habe das Kündigungsschreiben am 31. Januar 2008 vergessen, und daraus eine grundsätzliche Bereitschaft des Ehemanns der Klägerin abgeleitet hat, das Kündigungsschreiben an die Klägerin weiterzuleiten, hat das Landesarbeitsgericht nicht näher begründet, worauf seine Annahme beruht, dass der Ehemann der Klägerin am 31. Januar 2008 vergessen hat, das Kündigungsschreiben mit nach Hause zu nehmen. Die Klägerin hat dies nicht behauptet, sondern nur vorgetragen, ihr Ehemann habe das Kündigungsschreiben am 31. Januar 2008 zunächst an seinem Arbeitsplatz liegen lassen und ihr erst am 1. Februar 2008 übergeben. Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 6. Oktober 2008 auf dieses Vorbringen Bezug genommen und die Ansicht vertreten, es sei unerheblich, ob der Ehemann der Klägerin das Kündigungsschreiben vergessen habe oder es mit Absicht an seinem Arbeitsplatz habe liegen lassen. In der Berufungsbegründung vom 26. April 2009 hat die Beklagte allerdings vorgetragen, der Ehemann der Klägerin habe angegeben, die Mitnahme des Kündigungsschreibens vergessen zu haben. Selbst wenn das Landesarbeitsgericht diesen Vortrag zu Unrecht als unstreitig angesehen und der Ehemann der Klägerin am 31. Januar 2008 die Mitnahme des Kündigungsschreibens nicht vergessen hätte, wäre maßgebend, dass das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, der Ehemann der Klägerin hätte eine Weigerung, das Kündigungsschreiben an seine Ehefrau weiterzuleiten, deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Daran fehlt es. Nach den von der Klägerin nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat ihr Ehemann den Mitarbeiter der Beklagten G weder aufgefordert, das Kündigungsschreiben wieder mitzunehmen, noch erklärt, dass er dieses Schreiben an die Klägerin nicht weiterleiten werde. Ohne eine solche Erklärung des Ehemanns der Klägerin durfte die Beklagte von einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin noch am 31. Januar 2008 ausgehen.
II. Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen