Das Recht zur elterlichen Sorge ist 1998 grundsätzlich reformiert und der heutigen Zeit angepasst worden. Die Unterschiede zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern wurden im Laufe der letzten Jahre aufgehoben: Früher hatten, was vielleicht viele schon vergessen haben, nichteheliche Väter kein Umgangsrecht, sie waren auf das Wohlwollen der Mutter angewiesen, es gab unterschiedliche Tabellen für den Unterhalt, das nichteheliche Kind war nicht erbberechtigt etc.. Bis 1998 hatten in aller Regel Mütter automatisch die Alleinsorge für die gemeinsamen Kinder. Es hatte sich aber zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein Kind für eine normale, gesunde Entwicklung auch den Vater braucht. Diese Erkenntnis führte 1998 zu der Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts auch nach einer Trennung/Scheidung. Die Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil stellt heutzutage die große Ausnahme dar.
Zum Sorgerecht gehören neben der tatsächlichen Versorgung des Kindes
- Aufenthaltsbestimmung
- Angelegenheiten der schulischen Ausbildung
- Vermögenssorge
- Gesundheitssorge
- religiöse Erziehung
- Umgang
usw..
Die gemeinsame Sorge bedeutet aber nicht - was viele mißverstanden haben - daß man ein Mitspracherecht in (allen) Angelegenheiten des Kindes hat. Dies würde den Alltag des Kindes und des betreuenden Elternteils praktisch lahmlegen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber angeordnet, daß Dinge des täglichen Lebens ohne erhebliche Bedeutung vom betreuenden Elternteil allein entschieden werden. Hierzu gehören z.B. Fragen des Fernsehkonsums, das Bestimmen der Schlafenszeit, Teilnahme an Klassenfahrten, die gewöhnliche ärztliche Versorgung etc..
Lebenslang Eltern
Häufig gibt es nach der Trennung zwischen den Eltern eines Kindes erhebliche Differenzen und Streitigkeiten, die in fast allen Fällen ihre Ursache in der Paarbeziehung haben. Ganz wichtig ist im Bewußtsein zu behalten, daß man sich als Paar trennt, aber lebenslang Eltern bleibt. Diese Aufgabe verlangt von getrennten Eltern trotz der eigenen Kränkungen, Verletzungen etc. vernünftig miteinander umzugehen, zusammenzuarbeiten, an Elternabenden teilzunehmen etc.. Denn ein Kind braucht beide Elternteile und - das darf man nie vergessen - liebt auch beide. Wenn man im Laufe der Zeit diese Zusammenarbeit lernt und es gelingt, mit dem Ex-Partner bei der Erziehung des gemeinsamen Kindes an einem Strang zu ziehen, verkraften Kinder die Trennung ihrer Eltern am besten. Sie versuchen auch nicht, sie gegeneinander auszuspielen. Sie haben die Chance, sich normal zu entwickeln und kein "Scheidungskind" zu werden.
In der ersten Phase nach einer frischen Trennung ist es natürlich schwer, diese Ratschläge zu befolgen. Man ist viel zu stark mit seinem eigenen Schmerz und Verlust seiner Beziehung beschäftigt und mach sich leider zu wenig Gedanken darüber, was eine Trennung der Eltern überhaupt für ein Kind bedeutet. Wenn man sich mit dieser Frage und den Ängsten seines Kindes beschäftigt, wird es einem immer besser gelingen, die Paar- und die Elternebene zu trennen. Sehr anschaulich wird die kindliche Seite z.B. in einer Broschüre der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e.V. (www.dajeb.de) erläutert.
Manchmal sind einem aber Grenzen gesetzt, wenn der andere Elternteil diesen Weg nicht mitgehen kann oder nicht mitgeht, weil sein Interesse am Kind zu gering ist etc.. In diesen Fällen ist eine Kommunikation zwischen den Eltern häufig so gestört, dass eine sinnvolle Zusammenarbeit nicht funktioniert. In derartigen Extremfällen kann man beim Familiengericht die Alleinsorge beantragen.
Ihre Rechtsanwältin
Dagmar Constantas-Saamen
Quelle: www.sorgerecht-online-bonn.de
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